Die Forderung der ägyptischen Protestbewegung nach einem sofortigen Rückzug von Präsident Husni Mubarak stößt auf internationalem Parkett auf Zurückhaltung. Zahlreiche Politiker sprachen sich am Wochenende auf der Münchner Sicherheitskonferenz für einen geordneten Übergangsprozess in dem nordafrikanischen Land aus und warnten vor den Risiken eines überstürzten Machtwechsels.
Es bestehe die Gefahr, dass der Übergang "chaotisch" verlaufe oder gar in ein autokratisches System zurückführe, sagte US-Außenministerin Hillary Clinton am Samstag. Zugleich sicherte sie den Protestbewegungen in Ägypten und anderen arabischen Ländern die Unterstützung der USA zu. Die junge Generation fordere zurecht ein, dass ihre Regierungen jahrzehntelang versäumte politische und wirtschaftliche Reformen nachholten.
Der per Video nach München zugeschaltete US-Sondergesandte für Ägypten, Frank Wisner, sagte, dass Mubaraks "Führerschaft" zunächst weiter von Bedeutung sei. Der Staatschef stehe vor der "großen Aufgabe", dem Übergang Gestalt zu geben. Aus US-Regierungskreisen verlautet daraufhin allerdings, Wisner habe die Lage lediglich "als Privatmann" analysiert.
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warnte vor den Gefahren im Fall einer überstürzten Ablösung Mubaraks. "Man muss einen geordneten Übergangsprozess hinbekommen, in dem ein totales Machtvakuum auch schwierig ist", sagte sie. Schnelle Wahlen halte sie "für falsch". Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) machte deutlich, dass sich andere Staaten aus der Suche eines Mubarak-Nachfolgers heraushalten müssten. "Das ägyptische Volk entscheidet, wer es regiert", sagte er.
Großbritanniens Premierminister David Cameron riet dem Westen ebenfalls, nicht "mit dem Finger" auf einen Wunschkandidaten für die Nachfolge Mubaraks zu zeigen. Zugleich mahnte er einen schnellen Beginn des Übergangsprozesses an: Eine weitere Verzögerung von Reformen berge die Gefahr, dass sich radikale Kräfte die Situation in Ägypten zu Nutze machen könnten.
Mubarak hat bereits angekündigt, bei der Präsidentschaftswahl im September nicht mehr anzutreten. Außerdem bildete er die Regierung um und unterbreitete der Opposition über den neuen Vizepräsidenten Omar Suleiman ein Dialogangebot - das die einflussreichen Muslimbrüder am Sonntag annahmen. Vielen Regierungskritikern, die seit fast zwei Wochen in der Hauptstadt Kairo und anderen Städten des Landes für mehr politische und wirtschaftliche Beteiligung demonstrieren, gehen die Zugeständnisse nicht weit genug. Sie fordern den sofortigen Rücktritt Mubaraks.
Am Rande der Sicherheitskonferenz, die als weltweit wichtigstes informelles Forum zur Verteidigungs- und Sicherheitspolitik gilt, kam am Samstag das aus USA, EU, UNO und Russland bestehende Nahost-Quartett zusammen. Das Quartett rief Israelis und Palästinenser vor dem Hintergrund der Ereignisse in Ägypten auf, ihre wegen des Streits um die israelische Siedlungspolitik auf Eis liegenden Gespräche "dringend" wieder aufzunehmen.
Gerade wegen der "strategischen Rolle" Kairos im Nahost-Prozess müsse die Machtübergabe in Ägypten "geordnet und friedlich" ablaufen, sagte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, der sich besorgt über die Proteste zeigte. "Wir wissen nicht, wie diese Ereignisse enden werden." Die Revolte sei aber eine "gute Lektion" für Autokraten weltweit, sagte er.