Der Prozess gegen den ägyptischen Ex-Innenminister Habib al-Adli wegen tödlicher Schüsse auf Demonstranten ist am Montag erneut vertagt worden. Zugleich wurde das Verfahren mit dem bevorstehenden Prozess gegen Ex-Präsident Husni Mubarak und seine beiden Söhne Gamal und Alaa zusammengelegt. Dieser soll am 3. August beginnen. Dem 83-jährigen Mubarak wirft die Staatsanwaltschaft gleichfalls die Tötung von Demonstranten sowie Amtsmissbrauch und Korruption vor.
Bei den Massenkundgebungen, die zum Sturz Mubaraks am 11. Februar geführt hatten, hatten Polizisten, Geheimdienstler und bewaffnete Anhänger des Regimes mehr als 800 Demonstranten getötet. Das Verfahren gegen Al-Adli und sechs leitende Beamte seines Ministeriums hatte im Mai begonnen, war aber immer wieder jeweils kurz nach Beginn der Sitzungen vertagt worden. Die sieben Männer werden beschuldigt, Schießbefehle gegen unbewaffnete Demonstranten erteilt zu haben. Die kurze Sitzung am Montag wurde vom staatlichen ägyptischen Fernsehen live übertragen.
Die Vorwürfe gegen Mubarak sind ähnlicher Natur: Als Oberkommandierender aller bewaffneten Organe im Staat habe er die Verantwortung für deren verbrecherisches Vorgehen getragen, meinen die Ankläger. Die Anschuldigungen gegen seine Söhne beziehen sich auf Korruptionsvergehen. Mubarak sitzt derzeit in einem Luxusspital im Sinai-Bad Scharm el Scheich in Haft, seine Söhne sind Untersuchungshäftlinge in einem Kairoer Gefängnis.
Erneut hunderte Verletzte in Kairo
Nur einen Tag zuvor waren bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und gewalttätigen Sympathisanten der ägyptischen Militärführung in Kairo fast 300 Menschen verletzt worden. Tausende Menschen wurden in der Nacht zum Sonntag mit Gewalt daran gehindert, vor das Verteidigungsministerium zu ziehen.
Vor dem Sitz des Militärrates, der seit dem Sturz von Präsident Husni Mubarak am 11. Februar das Land regiert, hätten sie ihren Unmut über die Verschleppung der Polizei- und Justizreformen durch die Generäle ausdrücken wollen, berichteten Medien und Augenzeugen. Tausende Demonstranten setzten am Sonntag ihren Protest auf dem Tahrir-Platz in Kairo fort.
296 Menschen wurden laut Gesundheitsministerium verletzt, 196 von ihnen in Krankenhäusern ambulant behandelt. Nach Angaben von Augenzeugen und der Menschenrechtsorganisation Amnesty International wurde außerdem der Blogger und Aktivist Amr Gharbeia von Männern in Zivil verschleppt. Sein Aufenthaltsort blieb zunächst unbekannt.
Vor zwei Wochen sind jene Aktivisten-Gruppen, die am Sturz Mubaraks maßgeblich beteiligt gewesen waren, wieder auf den Tahrir-Platz zurückgekehrt. Der Ort im Herzen Kairos war auch im Januar und Februar das Epizentrum des Umsturzes. Mit dem neuerlichen Protest wollen sie ihre Kritik darüber zum Ausdruck bringen, dass der Militärrat die Reform der Sicherheitskräfte und die Prozesse gegen Angehörige des Mubarak-Regimes absichtlich verschleppe.