Afghanistan Aufatmen in Südkorea

Sechs Wochen nach Beginn der Geiselkrise in Afghanistan haben die radikalislamischen Taliban nach offiziellen Angaben die letzten sieben Südkoreaner freigelassen. Zwei der 23 Geiseln hatten sie in der Haft umgebracht.

"Alle sind freigelassen worden, und dieses Drama ist vorbei", sagte der Gouverneur der südostafghanischen Provinz Ghasni, Mehrajuddin Patan, der Deutschen Presse-Agentur DPA. Über das Schicksal des entführten deutschen Bauingenieurs Rudolf B. gab es am Donnerstag keine neuen Informationen.

Die Taliban hatten am Mittwoch bereits zwölf der zu diesem Zeitpunkt noch 19 verschleppten Südkoreaner dem Roten Kreuz übergeben. Taliban-Sprecher Kari Jussif Ahmadi sagte, bei der letzten Gruppe der Freigelassenen handele es sich um drei Männer und vier Frauen. Die Taliban hatten am 19. Juli - einen Tag nach der Entführung von Rudolf B. - 23 Mitglieder einer koreanischen Kirchengruppe im Südosten des Landes überfallen und verschleppt. Zwei männliche Geiseln erschossen sie später; zwei Frauen aus der Gruppe ließen sie frei. Ein Sprecher des Präsidialamts in Seoul sagte am Donnerstag, die Regierung plane, alle 19 freigelassenen Südkoreaner noch am kommenden Wochenende über Dubai in die Heimat zu bringen.

"Keine Missionare mehr nach Afghanistan schicken"

Am Dienstag hatten sich Vertreter der Rebellen und der südkoreanischen Regierung auf die Freilassung aller verbleibenden 19 Geiseln geeinigt. Seoul hatte zugesichert - wie bereits zuvor geplant - seine rund 200 Soldaten bis Jahresende aus Afghanistan abzuziehen sowie "keine Missionare mehr nach Afghanistan zu schicken". Beobachter in Afghanistan gingen aber davon aus, dass Seoul auch ein hohes Lösegeld bezahlt habe. Ursprünglich hatten die Taliban die Freilassung inhaftierter Gesinnungsgenossen verlangt. Die afghanische Regierung war darauf nicht eingegangen.

Der afghanische Außenminister Rangin Dadfar Spanta räumte im rbb- Inforadio ein, dass der Eindruck entstanden sei, die Taliban hätten sich durchgesetzt. "Bedauerlicherweise (...) kann das so interpretiert werden." Zum angekündigten Abzug der südkoreanischen Truppen sagte Spanta, dies sei seit Monaten mit der Regierung in Kabul vereinbart. Man sei damit einverstanden gewesen, dass Seoul die zivilen Wiederaufbauaktivitäten verstärken wolle. Die rund 200 koreanischen Soldaten hätten "sowieso mehr symbolische Bedeutung", sagte er. "Aber wenn nach außen der Eindruck erweckt wird, dass die Internationale Gemeinschaft und die afghanische Regierung sich erpressen lassen, dann ist das eine sehr gefährliche Botschaft."

Bangen um deutsche Geisel geht weiter

Nach der Freilassung der Südkoreaner geht das Bangen um die deutsche Geisel weiter. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Mittwoch die Bemühungen der Bundesregierung um die Freilassung des 62-Jährigen unterstrichen. Sie hatte zugleich betont, die Freilassung der Südkoreaner habe auf den deutschen Fall zunächst keine Auswirkungen. Vize-Regierungssprecher Thomas Steg hatte betont, gesagt es bleibe dabei, dass die Bundesregierung nicht erpressbar sei.

Der Bauingenieur Rudolf B. war gemeinsam mit einem weiteren Deutschen verschleppt worden, der später erschossen wurde. Die Geisel und fünf Afghanen, die mit ihm entführt wurden, sollen sich in der Hand einer lokalen Taliban-Gruppe mit kriminellem Hintergrund befinden, die nur lose Kontakte zu den straffer organisierten Taliban von Mullah Omar unterhält.

DPA
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