Afghanistan-Strategie Bundesregierung gerät mit Afghanistan-Politik in die Defensive

Die Bundesregierung gerät mit ihrer Afghanistan-Politik innen- wie außenpolitisch zunehmend in die Defensive. Kanzlerin Angela Merkel schloss sich am Freitag der Einschätzung von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg an, der von der Bundeswehr angeordnete Luftschlag in Kundus sei militärisch nicht angemessen gewesen.

Die Bundesregierung gerät mit ihrer Afghanistan-Politik innen- wie außenpolitisch zunehmend in die Defensive. Kanzlerin Angela Merkel schloss sich am Freitag der Einschätzung von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg an, der von der Bundeswehr angeordnete Luftschlag in Kundus sei militärisch nicht angemessen gewesen. In Brüssel sagten unterdessen zahlreiche Länder zusätzliche Soldaten für Afghanistan zu, während Bundesaußenminister Guido Westerwelle auf eine Grundsatzdebatte pochte.

Nachdem die USA eine Aufstockung um 30.000 Soldaten angekündigt hatten, sagten zwei Dutzend weitere Länder die Entsendung von 7.000 zusätzlichen Soldaten zu, wie NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen in Brüssel mitteilte. "Das ist ein großer Erfolg", sagte er.

US-Außenministerin Hillary Clinton dankte insbesondere Italien, das mehr als 1.000 weitere Soldaten nach Afghanistan entsenden will. Zugleich machte sie deutlich, dass die USA noch weitere Zusagen erwarten: "Ich freue mich darauf, mit vielen von Ihnen heute und in den nächsten Tagen über weitere Beiträge zu diskutieren", sagte sie laut Tischvorlage in der Sitzung.

Berlin will erst Strategie-Debatte führen

Bundesaußenminister Westerwelle lehnte jede Debatte über eine Aufstockung der deutschen Truppen in Afghanistan zum gegenwärtigen Zeitpunkt ab. Entscheidungen seien vor der internationalen Afghanistan-Konferenz am 28. Januar in London "aus unserer Sicht nicht geboten", sagte Westerwelle. Die Bundesregierung wolle auf der Konferenz zunächst "mit den Bündnispartnern und mit der afghanischen Regierung die Strategieziele und die Mittel zur Erreichung dieser Ziele besprechen".

An dem Treffen in Brüssel nahmen die Außenminister aller 43 an der Afghanistan-Schutztruppe ISAF beteiligten Länder sowie Südkoreas teil, das mehrere hundert Soldaten an den Hindukusch schicken will und damit am Freitag der ISAF beitrat. Neben Italien und Südkorea kündigten auch Georgien, Polen und Großbritannien die Entsendung Hunderter Soldaten an.

<>zwiti>Bundeswehrverband fordert Neubegründung

Nordwestlich von Kundus geriet nach Angaben der Bundeswehr eine deutsche Patrouille unter Beschuss. Die Soldaten hätten das Feuer erwidert. Keiner von ihnen sei verwundet worden. "Zu Verlusten bei den Angreifern liegen derzeit keine gesicherten Erkenntnisse vor", schrieb die Bundeswehr.

Der Bundeswehrverband forderte unterdessen eine Begründung für die Neubewertung des verheerenden Luftangriffs bei Kundus Anfang September. Guttenberg müsse erklären, warum er die Bombardierung von zwei Tanklastern nunmehr als "militärisch nicht angemessen" bewerte, forderte der Verbandsvorsitzende Ulrich Kirsch im ZDF-Morgenmagazin. Guttenbergs Sprecher Steffen Moritz nannte als Grund die "Gesamtschau der nun vorliegenden Dokumente".

AP
Barbara Schäder/AP