Nach seiner Verurteilung zu einer Straflagerhaft ist der Kremlgegner Alexej Nawalny womöglich in eine andere Haftanstalt verlegt worden. Wohin, das war zunächst unklar. Sein Anwalt Wadim Kobsew teilte am Donnerstag im Kurznachrichtendienst Twitter mit, der Oppositionelle habe die Untersuchungshaftanstalt in Moskau verlassen. Eine offizielle Bestätigung für die Verlegung lag zunächst nicht vor.
Kobsew sagte der Agentur Interfax, als er den 44-Jährigen in der Untersuchungshaft in Moskau habe treffen wollen, sei ihm gesagt worden, dass Nawalny das Gefängnis verlassen habe. "Mir wurde nicht gesagt, wohin er gebracht wurde, höchstwahrscheinlich in ein Straflager, aber möglicherweise auch woanders hin."
Bevor man ihn über die Abwesenheit Nawalny informiert hat, habe man ihn drei Stunden in der Haftanstalt warten lassen, berichtet Kobsew im Gespräch mit Mitarbeitern des Nawalny-Stabs. "Die Behörde ist gesetzlich dazu verpflichtet, die Angehörigen darüber zu informieren, wenn ein Häftling abtransportiert wird und wohin". Dies sei jedoch nicht geschehen.
Der Transport von einer Haftanstalt in eine andere könne in Russland schon mal mehrere Wochen dauern, gab Nawalnys Anwalt zu bedenken. Wenn dieser etwa per Zug stattfindet. Er denke aber, dass im Fall seines Mandanten die Reise nicht allzu weit ausfallen werde.
Wohin wird Alexej Nawalny gebracht?
Die Organisation "Gulag-Info", die sich dem Schutz der Rechte von Inhaftierten verschrieben hat, meldete unter Berufung auf mehrere Quellen, dass Nawalny in ein Straflager in der Region Tula oder Wladimir gebracht werden könnte.
Nawalnys im Ausland lebender Mitarbeiter Leonid Wolkow schrieb bei Twitter, weder seinen Anwälten noch seiner Familie sei etwas mitgeteilt worden. "Die Tatsache, dass wir jetzt nicht wissen, wo er ist und was mit ihm ist, bestätigt das Ausmaß der Bedrohung."
In russischen Haftanstalten herrscht Willkür und Gewalt
Nawalny saß gut einen Monat in einer Haftanstalt in der Hauptstadt Moskau ein. Er war unmittelbar nach seiner Rückkehr in seine Heimat an einem Flughafen festgenommen worden. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte Russland zur sofortigen Freilassung des Oppositionellen aufgefordert. Das wies Moskau zurück.
Menschenrechtler erklärten mit Blick auf die in Russland gefürchteten Straflager, sie hätten nun Angst um Nawalny. Diese Haftanstalten sind berüchtigt für rohe Gewalt, Folter und auch Todesfälle. Zuletzt sorgten Berichte über Folter in einem Straflager in Sibirien für Schlagzeilen. Aufseher hatten demnach einen verletzten Gefangenen mit Klebeband fixiert und weitere Gewalt von Mitgefangenen zugelassen.