Überraschungssieg bei Vorwahlen Trump-Fan und Klimawandel-Leugner: Javier Milei könnte Argentiniens neuer Präsident werden

Javier Milei nach seinem Vorwahlsieg in seiner Wahlkampfzentrale in Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires
"Ich werde der parasitären, korrupten und nutzlosen politischen Kaste in diesem Land ein Ende setzen": Javier Milei nach seinem Vorwahlsieg in seiner Wahlkampfzentrale in Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires.
© Natacha Pisarenko / AP / DPA
Der Rechtspopulist Javier Milei hat sehr zum Schrecken von Argentiniens Polit-Establishment die Vorwahlen zur Präsidentschaftswahl im Oktober gewonnen. Sollte Milei tatsächlich Staatschef werden, will er das Land völlig umkrempeln.

Es ist eine schallende Ohrfeige für die etablierten politischen Kräfte in Argentinien: Bei den Vorwahlen zur Bestimmung der Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen am 22. Oktober hat der Außenseiter Javier Milei überraschend am besten abgeschnitten. Medienberichten zufolge holte der Rechtspopulist und Trump-Fan am Sonntag 30 Prozent der Stimmen. Die Kandidaten der konservativen Oppositionskoalition kamen demnach nur auf 28 und das peronistische linke Regierungslager auf 27 Prozent.

Die gesetzlich vorgeschriebenen Vorwahlen (Paso) gelten als wichtiger Stimmungstest für die Suche nach einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin des scheidenden Präsidenten Alberto Fernández. Argentinien ächzt derzeit unter einer schweren Finanz- und Wirtschaftskrise. Die Inflationsrate liegt bei 115 Prozent. Die Landeswährung Peso befindet sich im freien Fall und der Schuldenberg des südamerikanischen Landes wächst unaufhaltsam.

Rechtspopulist Milei will "vollständige Reform" Argentiniens

Angesichts der gewaltigen Probleme, die bei den Wählerinnen und Wählern die Skepsis gegenüber den traditionellen Politikern geschürt hat, war das Abschneiden Mileis mit Spannung erwartet worden. Der 52-Jährige steht außerhalb des traditionellen Parteienspektrums aus Peronisten und Konservativen in Argentinien und präsentierte sich als Anti-System-Kandidat. Und auch in anderer Hinsicht ist er ein ungewöhnlicher Bewerber.

Milei ist Wirtschaftswissenschaftler und sitzt seit 2021 für die von ihm gegründete Partei La Libertad Avanza (Die Freiheit schreitet voran) als Abgeordneter im argentinischen Unterhaus. Er bezeichnet sich selbst als "libertärer Liberaler" und "Anarchokapitalist".

Für den Fall seines Einzuges in die Casa Rosada, den Amtssitz des argentinischen Präsidenten im Herzen von Buenos Aires, hat der 52-Jährige eine "vollständige Reform des Staates" angekündigt. So will er die öffentlichen Ausgaben kürzen, Ministerien schließen und die argentinische Zentralbank abschaffen. Der argentinische Peso soll durch den Dollar ersetzt und das Bildungs- und Gesundheitssystem ebenso wie Staatsunternehmen privatisiert werden.

Im Wahlkampf wetterte Milei gegen die "politische Kaste". Nach seinem Vorwahlsieg am Sonntag kündigte er bei einer Feier in seiner Wahlkampfzentrale an, "der parasitären, korrupten und nutzlosen politischen Kaste in diesem Land ein Ende zu setzen".

Der Argentinier bewundert den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump und steht ihm sowie dem früheren brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro ideologisch nahe. Den Klimawandel hält er für eine Lüge. Milei will den Besitz von Handfeuerwaffen erleichtern und vertritt die Ansicht, dass der Verkauf menschlicher Organe legal sein sollte. Sexualerziehung ist für den früheren Sänger einer Rockband nur ein Trick, um die Familie zu zerstören. Über sein eigenes Sexualleben sagte er im Fernsehen: "Ich bin ein tantrischer Sexuallehrer" und dass er schon häufiger Geschlechtsverkehr zu dritt gehabt habe.

Milei lebt mit fünf englischen Mastiffs zusammen

Wegen seines dichten, zerzausten Haares trägt Milei den Spitznamen "peluca" (Perücke). Der Rechtspopulist lebt mit fünf englischen Mastiff-Hunden, die bis zu 100 Kilo wiegen können, und nennt diese seine Familie. Vier von ihnen sind nach Wirtschaftswissenschaftlern benannt, die er bewundert: Milton (Friedman), Murray (Rothbard), Robert und Lucas (nach US-Nobelpreisträger Robert Lucas). Da er nicht verheiratet ist, so Milei, könne seine Schwester Karina First Lady werden, sollte er die Präsidentschaft übernehmen.

Analysten hatten vor der Vorwahl vor einem unerwartet guten Abschneiden Mileis gewarnt. Dies könne die Finanzmärkte verunsichern und zu einem starken Kurssturz des argentinischen Peso führen, da unklar sei, welche Wirtschaftspolitik er im Falle seiner Wahl zum Präsidenten umsetzen würde. Der 52-Jährige sieht das naturgemäß anders: "Heute haben wir den ersten Schritt zum Wiederaufbau Argentiniens getan", kommentierte er seinen Vorwahltriumph. "Ein anderes Argentinien ist mit denselben Leuten wie immer nicht möglich."

cl

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