Trotz eindringlicher Warnungen von US-Präsident George W. Bush hat ein Ausschuss des Kongresses einer Resolution zugestimmt, in der die Tötung von Armeniern Anfang des vorigen Jahrhunderts als Völkermord gebrandmarkt wird. Bush hatte unmittelbar vor der Entscheidung im außenpolitischen Ausschuss des Repräsentantenhauses erklärt, bei einer Verabschiedung der Resolution würden die Beziehungen zur Türkei Schaden nehmen. Die Mitglieder des Ausschusses verabschiedeten die Vorlage mit 27 zu 21 Stimmen.
Die Türkei protestierte gegen das Ergebnis der Abstimmung. Der türkische Botschafter in den USA, Nabi Sensoy, sprach von einer "traurigen Entscheidung". Der außenpolitische Berater von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan, Egem Bagis, zeigte sich enttäuscht. Die Türkei habe dieses Ergebnis nicht verdient. Vor der US-Botschaft in Ankara und dem Konsulat in Istanbul protestierten mehrere hundert Menschen gegen die Resolution. Bush verwies darauf, dass die Türkei ein wichtiger Verbündeter der Vereinigten Staaten in der Nato und im Kampf gegen den Terror sei. Auch Außenministerin Condoleezza Rice und Verteidigungsminister Robert Gates wandten sich in einer gemeinsamen Erklärung gegen die Resolution. Beide verwiesen auf die strategische Bedeutung der Türkei im Zusammenhang mit dem amerikanischen Militäreinsatz im Irak. Allein 70 Prozent der amerikanischen Lufttransporte in den Irak gingen über die Türkei, erklärte Gates.
Präsident Bush hat die Ermordung von rund 1,5 Millionen Armeniern im Ersten Weltkrieg als eine der größten Tragödien des 20. Jahrhunderts bezeichnet. Er vertritt jedoch die Auffassung, dass historische Untersuchungen klären müssten, ob dafür der Begriff Völkermord verwendet werden sollte. Eine Definition per Gesetz sei unangemessen. Die Türkei hat es bislang abgelehnt, eine historische Verantwortung für die Vorfälle gegen Ende des Osmanischen Reiches zu übernehmen.
Der türkische Ministerpräsident Erdogan erklärte in einem Telefongespräch mit Bush, die Beziehungen zwischen der Türkei und den USA würden Schaden nehmen, falls der vorliegende Antrag vom Kongress verabschiedet würde.