Die Regierungsbildung im Irak kommt auch zwei Monate nach der historischen Parlamentswahl nicht voran. Die Nationalversammlung konnte sich am Dienstag nicht auf einen Parlamentspräsidenten einigen. Die Sitzung wurde nach kurzer Zeit im Streit abgebrochen und auf Sonntag vertagt. Bis dahin müssen die Sunniten, die den Parlamentspräsidenten stellen sollen, einen Kandidaten präsentieren.
"Wie sollen wir das den Menschen erklären, die ihr Leben für die Wahl am 30. Januar riskiert haben", fragte der schiitische Geistliche und Abgeordnete Hussein al Sadr. Schon der Beginn der Parlamentssitzung, der zweiten seit der Wahl, hatte sich um fast drei Stunden verzögert. Vertreter von Schiiten, Kurden und Sunniten versuchten bis zur letzten Minute, sich auf einen Kandidaten festzulegen.
Trotz Wahlboykotts soll ein Sunnite Parlamentspräsident werden
Obwohl die sunnitischen Parteien die Wahl boykottiert hatten, soll der Parlamentspräsident aus ihren Reihen kommen. Kurden und Schiiten sehen in der Einbeziehung der Sunniten in eine Regierung der nationalen Einheit die Chance, die Lage im Land zu stabilisieren. Der sunnitische Interimspräsident Ghasi al Jawer lehnte den Posten jedoch ab, er will lieber Vizepräsident werden.
Blockiert wird die Regierungsbildung zudem vom Streit über die künftige Rolle des Islams sowie über die Besetzung der bis zu 50 Ministerposten. Doch der Zeitdruck ist groß: Die Abgeordneten sollen bis Mitte August den Entwurf für eine Verfassung fertig stellen.
Seit Montag werden im Irak drei rumänische Journalisten entführt, eine Reporterin und ein Kameramann des Fernsehsenders Prima TV sowie ein Korrespondent der Tageszeitung "Romania Libera". Sie seien am Abend aus ihrem Hotel in Bagdad verschleppt worden, teilte die Zeitung mit. Zunächst bekannte sich niemand zu der Tat. Auch eine Lösegeldforderung lag den Angaben zufolge nicht vor.
Prima TV erklärte, die Reporterin Marie Jeanne Ion habe die Redaktion angerufen und mitgeteilt, sie sei entführt worden. Offenbar an die Geiselnehmer gewandt, sagte die Journalistin nach Angaben des Senders: "Tötet uns nicht, wir sind aus einem armen Land und haben kein Geld." Später habe Ion eine SMS geschickt mit dem Text: "Hilfe. Dies ist kein Scherz. Wir wurden gekidnappt." Vor ihrer Entführung hatten die Journalisten laut "Romania Libera" den irakischen Übergangsministerpräsidenten Ajad Allawi interviewt.