Bagdad Selbstmordattentäter tötet Abgeordnete

Der Terror im Irak ist jetzt auch in die streng bewachte "Grüne Zone" in Bagdad eingedrungen: Ein Selbstmordattentäter sprengte sich im Parlamentsgebäude in die Luft. Er riss drei Abgeordnete und vier Angestellte mit in den Tod.

In der schwer bewachten "Grünen Zone" in Bagdad hat ein Selbstmordattentäter im Gebäude des irakischen Parlaments drei Abgeordnete und vier Parlamentsangestellte mit in den Tod gerissen. Zehn weitere Iraker wurden nach Angaben der Nachrichtenagentur Aswat al-Irak verletzt, als der Attentäter nach einer Sitzung der Abgeordneten in der Parlamentskantine seinen Sprengstoffgürtel zündete.

In der so genannten Grünen Zone im Zentrum Bagdads hatte es bisher erst zwei Selbstmordanschläge gegeben: Im Oktober 2004 hatten sich dort zwei Attentäter in die Luft gesprengt. Damals waren fünf Menschen ums Leben gekommen, darunter vier Amerikaner. Im September 2005 hatten US-Soldaten einen Selbstmordattentäter mit einer Autobombe an einer Absperrung am Eingang der "Grünen Zone" aufhalten können.

Aufruf zur Solidarität

Wie der Nachrichtensender Al-Arabija berichtete, sind unter den Toten Mohammed Awad von der sunnitischen Nationalen Dialogfront sowie ein Abgeordneter der Liste für Versöhnung und Befreiung, die mit nur drei Sitzen im Parlament vertreten ist. Unklar blieb zunächst, wie der Attentäter den Sprengstoff in das Gebäude schmuggeln konnte. Die "Grüne Zone" wird von der US-Armee und der irakischen Armee abgeriegelt und schärfstens kontrolliert. Deshalb hatte es dort seit 2004 keine größeren Terroranschläge mehr gegeben, sondern nur gelegentliche Angriffe mit Mörsergranaten - etwa im vergangenen März bei dem Besuch von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon.

Es gab aber offenbar schon Warnungen vor einem Anschlag. Die Sicherheitskräfte des Parlaments setzten Spürhunde bei den Kontrollen an den Eingängen ein, was sonst nur selten geschieht.

Parlamentspräsident Mahmud al-Maschhadani rief die Abgeordneten nach dem Anschlag auf, sich als "Geste der Solidarität mit den Märtyrern" an diesem Freitag zu einer außerordentlichen Sitzung im Parlamentssaal zu versammeln. Die Parlamentarier sollten sich von einem derartigen Terrorakt nicht einschüchtern lassen, betonte er.

Die Grüne Zone

Die streng bewachte Grüne Zone gilt als der sicherste Ort in der irakischen Hauptstadt Bagdad.

In dem etwa zehn Quadratkilometer großen Gelände sind das Parlamentsgebäude, viele Ministerien sowie die amerikanische und die britische Botschaft untergebracht.

Fünf Meter hohe Betonmauern, Stacheldrahtzäune, Wachtürme und Kontrollposten schirmen das Gebiet ab. Vor den Toren sind schwere Panzer und Jeeps mit Maschinengewehren postiert. Trotz aller Sicherheitsmaßnahmen konnten im Oktober 2004 und jetzt Selbstmordattentäter in den Komplex eindringen. Auch wird das Gelände von außen immer wieder mit kleineren Raketen oder Mörsergranaten beschossen.

Die hermetische Abschirmung schützt die Bewohner der Grünen Zone nicht nur, sondern sie isoliert sie auch. Kritiker sagen, dass sie deshalb nicht wahrnehmen, was anderswo in Bagdad geschieht.

Anschlag auf Brücke

Am Vormittag hatte sich in der Hauptstadt auf einer Brücke über den Tigris ein Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt. Er riss zehn Menschen mit in den Tod. 25 Menschen erlitten zum Teil schwere Verletzungen. Große Teile der Brücke stürzten in den Fluss. In Kirkuk starben nach Polizeiangaben sechs Zivilisten bei einem Anschlag auf einen Bus, 22 weitere Iraker wurden verletzt. Bewaffnete eröffneten in Kirkuk zudem das Feuer auf eine Gruppe von Irakern, die vor einem Lebensmittelgeschäft standen. Ein Mann wurde getötet, drei weitere verwundet.

Nach dem Anschlag lagen Stahlträger der Brücke im Tigris. Polizeiboote und Taucher suchten nach Überlebenden, während US-Hubschrauber über dem Tatort kreisten. Die Al-Sarafija-Brücke verband den überwiegend von Sunniten bewohnten Stadtteil Wassirija mit dem schiitischen Viertel Utafijah. Sie wurde in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts von den Briten gebaut. Ursprünglich eine Straßen- und Eisenbahnbrücke, wurden die Gleise Anfang der 70er Jahre entfernt, um mehr Platz für den Autoverkehr zu schaffen.

"Diese Brücke ist verbunden mit der modernen Geschichte von Bagdad", sagte der Architekt Haider Ghasala. Die Zerstörung sei ein Schlag gegen das Identitätsgefühl der Iraker. Seit Monaten gab es Berichte, wonach sunnitische Rebellen die Brücken in Bagdad in die Luft sprengen wollen. Im Zuge der Gewalt zwischen Sunniten und Schiiten und den damit verbundenen Vertreibungen ist der Tigris de facto zur Trennlinie zwischen überwiegend schiitischen Wohngebieten im Osten und mehrheitlich sunnitischen Stadtteilen im Westen geworden.

USA beschuldigen Iran

Die US-Streitkräfte beschuldigten unterdessen den Iran, irakische Aufständische auszubilden. Dies habe die Vernehmung von gefangenen Aufständischen ergeben, sagte Generalmajor William Caldwell. "Sie erhalten eine Ausbildung, wie EFPs zusammengebaut und eingesetzt werden", EFP ist die Abkürzung für "Explosively Formed Penetrator", ein militärischer Fachbegriff für Sprengsätze, die die Panzerung von Fahrzeugen durchdringen können. Solche Bomben sind zuletzt häufig auf Straßen platziert worden und haben den Tod von zahlreichen US-Soldaten verursacht.

Bei einem Besuch in Südkorea warb der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki für Wiederaufbauprojekte in seinem Land. "Die Tür zum Irak ist weit geöffnet, und wir warten auf Sie", sagte A-Maliki bei einem Treffen mit Geschäftsleuten in Seoul. Auch bei einer Unterredung mit Präsident Roh Moo Hjun ging es um die wirtschaftlichen Beziehungen. Vor seinen Gesprächen in Südkorea war der irakische Regierungschef in Japan, wo ein Kreditabkommen für Wiederaufbauprojekte unterzeichnet wurde.

AP · DPA · Reuters
Reuters/AP/DPA