An den Fakten gab es nichts zur rütteln: Eine undeklarierte Waffenladung, versteckt unter Tonnen von Zucker. Auch Absender, Empfänger und Schiffsroute sind brisant - das Schiff, das am Montag am Panamakanal wegen des Verdachts auf Drogen gestoppt wurde, befand sich auf dem Weg von Kuba nach Nordkorea. Das bedeutet viele unangenehme Fragen für das Regime in Havanna, das ohnehin nicht als auskunftsfreudig gilt.
24 Stunden später kommt der erste Erklärungsversuch: Es handle sich nur um "veraltetes defensives Kriegsgerät", heißt es aus dem kubanischen Außenministerium. Darunter seien alte sowjetische Luftabwehrsysteme und Raketenteile, gebaut Mitte des letzten Jahrhunderts. Alles solle repariert und nach Kuba zurückgeschickt werden. Beobachter reagierten mit Skepsis auf den angeblich zulässigen Deal zwischen den Bruderstaaten aus sozialistischen Zeiten.
Schließlich ist das Regime in Pjöngjang seit Jahren mit einem Waffenembargo belegt. Nach dem zweiten nordkoreanischen Atomwaffentest im Juni 2009 hatte der UN-Sicherheitsrat die seit 2006 bestehenden Sanktionen noch mal verschärft.
Der Kapitän versuchte sich das Leben zu nehmen
Auch die Tatsache, dass sich die Besatzung des Schiffes "Chong Chon Gang" der Durchsuchung durch die panamaischen Behörden widersetzte, fiel auf. Der Schiffskapitän habe sogar versucht, sich das Leben zu nehmen, hieß es aus Panama. Nach einem Aufstand an Bord wären sogar Spezialeinheiten nötig gewesen, um die Crewmitglieder aus dem Schiff zu holen. Auch hätten sie zuvor die Kabel der Entladetürme gekappt, so dass die Ladung von Hand gelöscht werden müsse, hieß es.
Dass der Auftrag Kubas an Nordkorea zwielichtig ist, zeigt sich nach Ansicht von Beobachtern in Südkoreas Hauptstadt Seoul allein schon daran, dass die heikle Ladung unter Tausenden von Zuckersäcken versteckt war. Unklar war noch, wie die Behörden mit der beschlagnahmten Lieferung umgehen.
Panama werde den Fall der UN übergeben, berichtete am Mittwoch der Sender TVN-Noticias. Sicherheitsminister José Raúl Mulino kritisierte die mangelnde "Transparenz" der Kubaner. "Jetzt verstehe ich die Weigerung des Schiffskapitäns zu kooperieren", sagte Mulino als Reaktion auf die Erklärung Kubas.
Ungünstiger Zeitpunkt für Kuba
Die Regierung von Präsident Ricardo Martinelli monierte vor allem den undeklarierten Transport von Waffen in einem Handelsschiff. Dass das Material veraltet oder beschädigt sei, bedeute nicht, dass es nicht dem Zoll gemeldet werden müsse, zitiere TVN-Noticias Sicherheitsminister Mulino. Kuba hat bislang auch nicht die Rückgabe oder die Freigabe zur Weiterfahrt des Waffenarsenals gefordert.
Für die Castro-Regierung kommt der Vorfall zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Am Mittwoch wurden in Washington nach zwei Jahren Unterbrechung wieder Gespräche über Einwanderungsfragen zwischen beiden Ländern aufgenommen. Die Erzrivalen USA und Kuba gehen gerade wieder vorsichtig aufeinander zu.
Im Dezember 2002 hatte es einen ähnlichen Fall wie jetzt am Panamakanal gegeben. Zwei spanische Fregatten eines internationalen Flottenverbands hatten damals am Horn von Afrika einen Frachter mit nordkoreanischer Besatzung gestoppt. Das Schiff hatte nordkoreanische Scud-Raketen an Bord, die für den Jemen bestimmt waren. Das Schiff wurde vom US-Militär durchsucht. Allerdings mussten die USA später die beschlagnahmte Schiffsladung wieder freigeben.