Die Fregatte "Mecklenburg-Vorpommern" operiert im Rahmen der internationalen "Operation Enduring Freedom" im Golf von Aden. Statt Terroristen jagen Sie jedoch Piraten. Gibt es einen neuen Einsatzbefehl?
Nein, unser Einsatzbefehl ist unverändert. Wir sind hier vor Ort, um dabei zu helfen, das Seegebiet zu kontrollieren, Frachtschiffe zu überprüfen und so mögliche Verbindungslinien von Terroristen zu kappen. Derzeit wird der Anti-Terror-Kampf in der öffentlichen Wahrnehmung jedoch überlagert von den Meldungen über Einsätze gegen die Piraten.
Die Piraten treiben immer dreister ihr Unwesen, entern sogar Supertanker. Wie kommt es dazu, dass Sie zum Piratenjäger werden?
Erhalten wir per Funk einen Notruf, ist das ein Fall von Nothilfe, der durch das internationale Seerecht geregelt ist. Solange die Piraten noch im Begriff sind, ein Schiff zu entern, sind wir befugt, sie daran zu hindern, gegebenenfalls auch mit Warnschüssen. Gelingt es ihnen trotzdem, auf das bedrohte Schiff zu gelangen, bzw. sie sind bereits an Bord, dann sind uns die Hände gebunden, dürfen wir nicht mehr eingreifen. Das deckt unser Einsatzmandat nicht ab.
Eine Fregatte gegen Piraten-Schlauchboote. Mit welcher Taktik lehren Sie die Seeräuber das Fürchten?
Bisher waren die Frachter, die um Hilfe ersucht haben, so weit entfernt, dass wir unsere Bordhubschrauber losschicken mussten. Sie sind mit einer Fluggeschwindigkeit von bis zu 240 km/h schneller vor Ort. Beim Anflug nehmen die Piraten meistens Reißaus oder haben sich bereits davongemacht. Was uns nicht verwundert. Wir nutzen nämlich den internationalen Anruf- und Arbeitsfunkkanal 16 für eine einfache Taktik. Unseren Hubschraubereinsatz kündigen wir per Funk dem attackierten Frachtschiff an. Das erfahren auf diese Weise auch die Seeräuber, die auf dem internationalen Kanal 16 mithören.
Die Mission
Die 216 Besatzungsmitglieder der Fregatte "Mecklenburg-Vorpommern" sind als 18. Deutsches Einsatzkontingent im Rahmen der internationalen Anti-Terror-Aktion "Operation Enduring Freedom" am Golf von Aden eingesetzt. Am 21. November 2008 übernahm die Fregatte das Kommando über die Task Group 500.01 der Bundeswehr. Zu den Aufgaben im Anti-Terror-Kampf gehören eine intensive Zusammenarbeit mit den Bündnispartnern, die Überwachung des Seegebiets, die Kontrolle von Schiffsrouten und die Überprüfung von Schiffen. Es geht im Kern darum, mögliche Verbindungslinien und Transporte des internationalen Terrornetzes zu unterbinden. Auf Grundlage des internationalen Seerechts leistet die Fregatte auch Schiffen Beistand, die von Piraten attackiert werden und Nothilfe anfordern. Für den Kampf gegen die Piraten im Golf von Aden und vor den Küsten Somalias plant die Europäische Union unter dem Namen "Atalanta" einen konzertierten multinationalen Einsatz von Seestreitkräften in dem betreffenden Seegebiet. Darüber soll am 8. Dezember in Brüssel entschieden werden. Der Deutsche Bundestag will noch vor Weihnachten über eine Beteiligung entscheiden und das entsprechende Mandat erteilen. Vorgesehen ist, insgesamt 1400 deutsche Soldaten für den EU-Einsatz bereitzustellen. Für die Operation ist von deutscher Seite zudem die Fregatte "Karlsruhe" vorgesehen.
Wird sich die Fregatte "Mecklenburg-Vorpommern" noch mehr dem Kampf gegen die Piraten zuwenden, wenn der Deutsche Bundestag wie vorgesehen noch vor Weihnachten ein entsprechendes Mandat erteilt?
Das ist definitiv nicht der Fall. Wir sind weiter in die Operation Enduring Freedom eingebunden. Am 10. Januar 2009 werden wir sogar das Führungsschiff in diesem internationalen Marineeinsatz, der dann bis zum 11. April von einem deutschen Admiral befehligt wird. Für den geplanten Anti-Piraten-Kampf unter EU-Mandat ist von der Deutschen Marine die Fregatte "Karlsruhe" vorgesehen.
Terroristen, das zeigt die jüngste Vergangenheit, sind zu allem fähig. Wie gefährlich macht das den Kampf gegen Terroristen auf See?
Entscheidend ist, in allen Situationen grundlegend sehr umsichtig zu handeln. Als uns unlängst vier somalische Fischer winkend auf ihre Notlage aufmerksam gemacht hatten, näherte sich unser Beiboot, das auch bewaffnet ist, entsprechend vorsichtig. Das Fischerboot wurde kontrolliert. Dazu haben wir auch einen Dolmetscher an Bord, der alle einschlägigen Sprachen in der Region beherrscht. Erst als alles klar war, leisteten wir die erforderliche Hilfe, versorgten die erschöpften Männer mit frischem Obst. Später nahmen wir ihr Boot in Schlepp und übergaben es der jemenitischen Coast Guard.
Wie kooperativ sind die arabischen Behörden?
Über die Wochen und Monate hat sich eine gute Kooperation zwischen den Behörden vor Ort und den Anti-Terror-Einsatzkräften entwickelt. Alle Beteiligten agieren in solchen Situationen sehr schnell und unkompliziert. Das ist ein nicht zu unterschätzender Erfolg dieser Mission.
Zur Person
Fregattenkapitän Kay-Achim Schönbach übernahm am 23. Mai 2008 das Kommando auf der Fregatte "Mecklenburg-Vorpommern". Der 43-Jährige war zuvor Adjutant (Marine) des Generalinspekteurs der Bundeswehr in Berlin. Erfahrungen an Bord sammelte Schönbach unter anderem als Erster Offizier auf der Fregatte "Schleswig-Holstein" (2004 bis 2006). Er war 1984 zur Marine gestoßen und absolvierte von 1985 bis 1988 ein Pädagogik-Studium an der Universität der Bundeswehr in Hamburg.
Wie wirksam erweist sich die "Operation Enduring Freedom" bisher?
Der Erfolg ist nicht exakt zu beziffern, so nach der Maßgabe, wie viel Terroristen wurden dingfest gemacht. Allein unsere Präsenz wirkt abschreckend. Der Erfolg spiegelt sich darin, was wir verhindert haben, wer alles aus der Terrorszene erst gar nicht den Versuch unternommen hat, Waffen, Sprengstoff und ähnliches auf dem Seeweg zu transportieren.
Die Fregatte "Mecklenburg-Vorpommern" wird in Marinekreisen auch "Speerspitze" genannt. Wie kam es zu diesem Zweitnamen?
Ich kann das nur damit erklären, dass wir uns schon bei anderen Einsatzen den Ruf erarbeitet haben, stets sehr schnell und flexibel zu agieren.