Würde man ihre Amtszeit als Experiment betrachten, dann dürfte es als gescheitert gelten. Nach nur vier Jahren als Bürgermeisterin von Chicago ist Lori Lightfoot abgewählt worden. Sie hat es als Drittplatzierte nicht einmal in die Stichwahl geschafft und ist damit das erste Stadtoberhaupt in vier Jahrzehnten, das nicht von den Bürgern bestätigt wurde.
Lori Lightfoot war die erste Frau im Amt seit 1837
Schon bei ihrem Amtsantritt war die damals 56-Jährige eine Ausnahmeerscheinung: Seit 1837 hatte es in Chicago nur eine Frau als Bürgermeisterin sowie einen schwarzen Mann in dem Amt gegeben. Lightfoot ist zudem noch offen homosexuell und steht politisch ungewöhnlich weit links. Gescheitert aber ist sie, wie so viele andere ihrer demokratischen Parteifreunde, am Kampf gegen die Kriminalität.
Im Wahlkampf 2019 hatte sie damit geworben, dass sie das notorisch gefährliche Chicago zur "sichersten Großstadt des Landes" machen wolle. Passiert ist ungefähr das Gegenteil. 2021 war die Zahl der Tötungsdelikte auf den höchsten Stand seit 25 Jahren gestiegen und überstieg damit noch die Anzahll der Delikte in den größeren Städten Los Angeles und New York City. "Die Bürgermeisterwahl von Chicago beweist wieder einmal, dass Demokraten ein Kriminalitätsproblem haben", schreibt das US-Magazin Vox.com über das Ergebnis des Urnengangs.
"Linke haben es satt, in Unsicherheit zu leben"
Kriminalität und Sicherheit gehören für einen Großteil der US-Bürger zu den wichtigsten politischen Themen – nicht nur bei lokalen Wahlen. Vor allem in der Coronazeit war die Zahl der Morde stark angestiegen. Mittlerweile bereiten eher Eigentumsverbrechen den Menschen Sorgen. Vor allem dort, wo Demokraten regieren. "Selbst Linke haben es satt, in Unsicherheit zu leben", ätzte der konservative Politiker Vernon Jones nach der Chicagoer Wahl.
Lightfoots parteiinterner Kontrahent Paul Vallas hatte voll auf die Karte Kriminalität gesetzt – und mit 34 Prozent den größten Stimmenanteil erzielt. Einer seiner Slogans lautete, sich die "Stadt zurückholen" zu wollen, was für viele schwarze Bürger einen rassistischen Unterton hatte. Im Wahlkampf wurde er zudem von einer Polizeivereinigung unterstützt, was ihm den Ruf einbrachte, eigentlich Republikaner statt Demokrat zu sein.
Die Noch-Bürgermeisterin aber ist nicht nur an den Sicherheitsproblemen der Stadt gescheitert, sondern auch daran, kaum tragfähige Verbindungen zu wichtigen Gruppen und Organisationen aufgebaut zu haben – wodurch ihr eine breite Unterstützerschicht fehlte.
Test an der Wahlurne verloren
Auch eine Seltenheit in der politischen Landschaft. Die "New York Times" weist daraufhin, dass es in Städten mit ähnlichen Problemen wie New York, Houston und Los Angeles ebenfalls schwarze Bürgermeisterinnen und Bürgermeister gebe, die allesamt im Amt bestätigt wurden. "Lightfoot ist die erste in dieser Reihe, die den Test an der Wahlurne verloren hat", so das Blatt.
Am 4. April haben die Chicagoer dann die Wahl zwischen Paul Vallas, früher Chef der öffentlichen Schulen, und Brandon Johnson , früher Chef der Aufsichtsbehörde von Cook County, der Kreis, im dem Chicago liegt.