Einen Tag nach der Heimkehr der monatelang im Iran festgehaltenen Französin Clotilde Reiss ist ein Streit über die Hintergründe ihrer Freilassung entbrannt. Der senegalesische Präsident Abdoulaye Wade wirft Frankreich vor, seine Vermittlung gestört und das Ende der Affäre um ein halbes Jahr hinausgezögert zu haben. Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad habe bereits im September zugestimmt, die 24-Jährige ausreisen zu lassen. Der Élysée habe Wade jedoch gebeten, die Angelegenheit ruhen zu lassen, da ein anderer Mittelsmann eingeschaltet sei. "Wir hätten sechs Monate gewinnen können", sagte Wade der Zeitung "Le Parisien" (Montag).
Die 24-jährige Clotilde Reiss ist zurück in ihrer Heimat. Sie traf am Sonntagmittag in einer Regierungsmaschine in Paris ein. Gleich nach ihrer Landung wurde sie mit ihrer Familie von Präsident Nicolas Sarkozy im Élysée empfangen. Der Fall hatte zu erheblichen Spannungen im Verhältnis zwischen Frankreich und dem Iran geführt.
Reiss bedankte sich bei Sarkozy für seinen Einsatz. "Diese Zeit war eine harte Prüfung, die sehr viel Kraft gekostet hat. Ich bin sehr erleichtert, frei zu sein und meine Familie wiederzusehen", sagte sie in einer kurzen Ansprache vor dem Élysée. Sie erwähnte ihre ehemaligen Mithäftlinge, die sie wie ihre Schwester behandelt hätten. Zwei von ihnen seien im Januar exekutiert worden.
Reiss war am Vortag nach Angaben ihres Anwalts zu einer Haftstrafe von fünf Jahren verurteilt worden. Diese sei jedoch "aufgrund der persönlichen Situation" der jungen Frau in eine Geldstrafe in Höhe von knapp 250 000 Euro umgewandelt worden. Reiss verließ Teheran unter größter Diskretion. Der Élysée gab ihre Ausreise erst bekannt, als sie bereits in Dubai zwischengelandet war.