"Mit Speed überschwemmt" Weißes Haus unter Donald Trump: Mitarbeiter berichten von Drogensumpf

US-Präsident Donald Trump im Brady Briefing Room des Weißen Hauses
US-Präsident Donald Trump im Brady Briefing Room des Weißen Hauses
© Brendan Smialowski / AFP
Ein Bericht des Pentagons wirft ein Schlaglicht auf Medikamentenmissbrauch im Weißen Haus unter Präsident Trump. Nun melden sich erste Augenzeugen – und zeichnen ein wildes Bild.

Für viele ist es der Höhepunkt ihrer Karriere: Wer es als Teil der Administration ins Weiße Haus geschafft hat, arbeitet im Zentrum der Macht. Der Druck ist entsprechend groß. Unter Donald Trump galt das offenbar noch stärker als unter anderen US-Präsidenten. Gemeinsam mit einem laxen Regelverständnis führte das zu einem Weißen Haus im Rausch.

Das legte ein Bericht des US-Verteidigungsministeriums im Januar erstmals dar. Offenbar weitgehend ohne medizinische Untersuchungen oder Rezept teilte die medizinische Einheit des Weißen Hauses verschreibungspflichtige Beruhigungs- und Aufputschmittel aus. Selbst die Ausgabe harter Drogen soll kaum dokumentiert worden sein. "Es war ein wilder Westen", erklärt ein Zeuge in einem Bericht des "Rolling Stone". "Das war alles sehr locker. Was immer irgendwer brauchte, besorgte man eben."

Unter Trump stieg der Medikamentenkonsum

Das US-Verteidigungsministerium war deshalb für die Untersuchung verantwortlich, weil der medizinische Dienst des Weißen Hauses Teil des Militärbüros dort ist. Anlass war eine Zunahme der Beschwerden im Jahr 2018. Und tatsächlich: Obwohl ein Zeitraum von 2009 bis 2018 untersucht wurde, schoss die Zahl der Verstöße unter Donald Trump regelrecht in die Höhe. Eine Dokumentation oder gar eine medizinische Prüfung zur Ausgabe hat es nach Erkenntnissen der Behörde offenbar kaum gegeben. Zwar ist bekannt, welche Medikamente eingekauft wurden. Wer, was und warum einnahm, sei aber kaum noch nachzuvollziehen. "Der gesamte medizinische Bereich des Weißen Hauses hat tiefgreifende und systemische Probleme", stellte der Bericht entsprechend fest.

Besonders verbreitet waren nach Erkenntnissen des Pentagon die Beruhigungsmittel Zolpidem und Alprazolam sowie Aufputschmittel wie Adderall und Modafinil. "Wir haben einfach kleine Plastikbeutel mit Modafil und Alprazolam gepackt", berichtete ein Zeuge den Pentagon-Ermittlern. "Und die haben wir dann ausgegeben." 

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Vom Notfall-Mittel zur Alltagsdroge

Dabei eskalierte die Einnahme offenbar immer weiter, berichtet auch der "Rolling Stone", der in Folge der Pentagon-Untersuchung mehrere Mitarbeiter der Administration gefunden hatte, die über ihren Drogenkonsum und den der Kollegen zu sprechen bereit waren. Das Weiße Haus sei unter Trumps Präsidentschaft "von Speed überschwemmt" worden", berichtete ein Mitarbeiter demnach. Das Narkolepsie-Medikament Modafil etwa wurde auch schon in früheren Administrationen ausgegeben, um den Jetlag bei Regierungsreisen in den Griff zu bekommen. Dazu sei es laut einer Quelle des "Rolling Stone" in 99 Prozent der früheren Ausgaben eingenommen worden. In Trumps Administration sei es quasi frei ausgegeben worden.

Von den Jobeinsteigern bis in die höchste Führungsebene direkt unter dem Präsidenten und der First Lady hätten sich zahlreiche Mitarbeiter des Aufputschmittels bedient, um mit dem extremen Stresslevel dieser Administration und ihrer Lagerkämpfe zurechtzukommen, erklärten dem Magazin gleich mehrere Quellen. Um herunterzukommen und die durch die Aufputschmittel erhöhte Nervosität auszugleichen, hätten viele dann mit Beruhigungsmitteln gegengesteuert. 

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Auch eine Kombination von Beruhigungsmitteln wie Xanax und Alkohol soll nicht selten gewesen sein – obwohl die als lebensgefährlich gilt. "Versuchen Sie mal für ihn zu arbeiten und nicht Pillen mit Alkohol herunterzuspülen", erklärte ein Mitarbeiter in Bezug auf Trump.

Raus damit

Dabei habe sich sowohl unter den Administrations-Mitarbeitern als auch dem medizinischen Personal eine gewisse Selbstverständlichkeit entwickelt. Mitarbeiter hätten selbstbewusst verlangt, bestimmte Substanzen zu bekommen, ohne ärztliche Untersuchungen oder Rezepte vorzulegen. "Sie kam einfach herein und forderte es", erinnert sich ein Zeuge an eine Mitarbeiterin der First Lady Melania Trump. Als ihr das Beruhigungsmittel Xanax verweigert wurde, sei sie regelrecht hinausgestürmt. Gleichzeitig etablierte sich der Druck, die Mittel auszugeben. Mehrere Angestellte berichteten dem Pentagon, sie hätten Angst gehabt, versetzt oder gefeuert zu werden, wenn sie nicht mitspielten. 

Die laxe Dokumentation ist auch deshalb ein Problem, weil auf Bestreben des ehemaligen Chef-Mediziners des Weißen Haus, Ronny Jackson, neben klassischer Medikation auch härtere Substanzen wie Fentanyl, Morphium und sogar Ketamin eingekauft wurden. Zwar betonte Jackson, es handle sich um Notfall-Vorräte für Extremfälle – sein Beispiel war ein Eindringling, der sich auf dem Zaun des Weißen Hauses aufspießen könnte –, wegen der chaotischen Dokumentation ist nach Angaben des Pentagons jedoch kaum oder gar nicht nachvollziehbar, ob und wer auf diese Vorräte zugriff. 

Zu einem möglichem Drogenkonsum von Präsident Trump selbst äußerte sich übrigens niemand –höchstens indirekt. Es sei anstrengend, ihn auf Auslandsreisen zu begleiten, erinnert sich seine ehemalige Pressesprecherin Stephanie Grisham gegenüber dem "Rolling Stone" an die Arbeit mit Trump, über den es immer wieder Gerüchte von Aufputschmittelkonsum gegeben hatte. "Man ist da in einem Flieger mit einem Präsidenten, der niemals schläft. Und dann landet man in einem fremden Land und muss fit und bereit sein."

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