Einen solchen Donald Trump erlebt Amerika eher selten. Er schreit nicht, er beleidigt nicht, und er spricht kaum über sich selbst. Stattdessen lobt er jene Menschen, die mit ihm auf die Bühne gekommen sind, hierher nach Columbia, in die Hauptstadt von South Carolina.
Sogar einen ehemaligen Gegner lässt der 77-Jährige ans Mikrofon. Lindsey Graham, Senator des Bundesstaats, war im Wahlkampf 2016 einer der lautesten Kritiker Trumps. Dessen Fans haben Graham das nie verziehen – und buhen ihn jetzt aus. Trump gibt sich überrascht. "No, no", sagt er. Er hebt und senkt seinen rechten Arm mehrmals. Beruhigt euch, orchestriert er die Menge.
"Ich liebe ihn", sagt Trump dann. Und: "Ich habe die republikanische Partei noch nie so geeint erlebt wie in diesem Moment." Trump hat gerade die Vorwahl in South Carolina mit knapp 60 Prozent der Stimmen gewonnen, so wie er alle Vorwahlen bislang für sich entscheiden konnte. Doch er tritt an diesem Abend nicht auf wie der Sieger einer parteiinternen Ausscheidung. Er gibt sich gelöst, versöhnlich – als habe er die Präsidentschaft bereits in der Tasche.
Nahezu sicher ist, dass Trump nach 2016 und 2020 die Republikaner zum dritten Mal in Folge als Präsidentschaftskandidat in den Wahlkampf führen wird. Und in fast allen Umfragen liegt er vor dem Amtsinhaber Joe Biden. Würde heute gewählt werden, stünden die Chancen tatsächlich gut, dass der 47. Präsident genauso hieße wie der 45. – Donald J. Trump.
Es wäre das größte politische Comeback, das es in der jüngeren Geschichte gegeben hat, und die Welt stellt sich schon darauf ein. In den europäischen Hauptstädten wird hektisch an Plänen gearbeitet, wie man ohne Amerika als Schutzmacht zurechtkäme. In Berlin sucht man den Kontakt zu republikanischen Kreisen. Auch der russische Präsident Wladimir Putin wirkt bisweilen so, als habe er den Sieg des Demagogen vor Augen, um anschließend mit ihm einen Deal über die Ukraine machen zu können.

Möglich, dass es so kommt. Möglich allerdings auch, dass es Trump so ergeht wie Richard Nixon. Im Sommer 1960 lag der in den Umfragen meist vorn. Dann holte sein Kontrahent, ein junger Senator aus Massachusetts, Woche um Woche auf, und am Ende hieß der Präsident John F. Kennedy.
Ob Trump den Durchmarsch schafft oder ob es ihm so ergeht wie Nixon – dabei werden in den kommenden acht Monaten die Prozesse gegen ihn eine wichtige Rolle spielen. Auch vom kollektiven Erinnerungsvermögen des Landes wird es abhängen. Und von einer Frau, die derzeit eher als Verliererin von sich reden macht.
Nikki Haley ist Trumps letzte verbliebene Konkurrentin, doch selbst in ihrem Heimatstaat South Carolina hatte sie keine Chance gegen ihn. Für Trump ist sie ohnehin nur das "Spatzenhirn". Hier in South Carolina aber hat Haley ihre Taktik geändert – und genau das könnte für Trump zum Problem werden.