Seit Beginn von Donald Trumps Präsidentschaft werden regelmäßig vertrauliche Informationen aus dem innersten Machtzirkel des Weißen Hauses an die Medien weitergegeben. Der jüngste Fall, von dem die "Washington Post" berichtet, dürfte die Zweifel an der Fähigkeit Trumps weiter nähren, seinem Amt gewachsen zu sein. Der US-Präsident hat als geheim eingestufte Informationen über einen geplanten Anschlag des Islamischen Staates dem russischen Außenminister Lawrow preisgegeben.
Mittlerweile hat Trump zugegeben, dass er Informationen mit Russland geteilt hat. Seine Begründung auf Twitter lautet, er habe "absolut das Recht" zu einem solchen Vorgehen. Russland hingegen hat Trumps Aussagen zurückgewiesen. Das Chaos ist damit perfekt. Auch für Trumps Mitarbeiter - für Agenten genauso wie für sein Kommunikationsteam.
Trumps Plauderei schädigt Vertrauen zu befreundeten Staaten
Die "Post" hatte unter Berufung auf anonyme Quellen berichtet, dass Trump den Namen der Stadt genannt habe, wo möglicherweise ein Anschlag geplant sei. Der Schaden könnte immens sein. Trumps Plaudereien können für den Partnerdienst und den Agenten zu einem ernsten Problem werden. Russland dürfte keine Probleme haben, den verbündeten Dienst der USA zu identifizieren und den Agenten zu enttarnen. Schließlich verfolgen die USA und Russland gegensätzliche Interessen. Vom Vertrauen, das Partnerdienste in die USA verlieren, ganz zu schweigen. Trumps Offenheit ist ganz offensichtlich in höchstem Maße dilletantisch. Auch der Wunsch nach guten Beziehungen zu Russland rechtfertigen ein solches Vorgehen kaum.
Trumps Kommunikationsteam kennt den Ärger derweil schon. Doch wie die Mitarbeiter in den vergangenen 12 Stunden vorgeführt wurden, ist einmalig. Durch Trumps Geständnis sind die Bemühungen des Weißen Hauses, in diesem Fall Schadensbegrenzung zu betreiben, überflüssig. Dass Trump nun alles zugab, macht es für seinen Stab nicht leichter. Eher schwieriger. Schließlich mussten seine Mitarbeiter lange mit fraglichen Mitteln um Deutungshoheit kämpfen.
Dementi des Weißen Hauses war schon unglaubwürdig
Trumps Nationaler Sicherheitsberater, H.R. McMaster, war im Weißen Haus vor die Presse getreten, um den Bericht zu dementieren. Allerdings war das Dementi schwach. "Die Geschichte ist falsch, so wie sie berichtet wurde", sagte McMaster. Dass sie grundsätzlich falsch sei, sagte McMaster nicht. Und warum ein Mitarbeiter Trumps gleich nach dem Treffen mit Lawrow die Direktoren von NSA und CIA anrief, weil es offensichtlich erheblichen Klärungsbedarf gab, erklärte McMaster nicht.
Zudem dementierte McMaster Details, die gar nicht Inhalt des Zeitungsberichts waren. Die "Washington Post" behauptete weder, dass geheimdienstliche Quellen und Methoden von Trump preisgegeben wurden, noch dass er geplante Militäroperationen verraten hätte. Was er im Dementi aussparte, war der Satz: "Präsident Trump hat keine Geheiminformationen mit Russland geteilt oder irgendetwas, das dem nahe kommt." Es ist mittlerweile Methode des Weißen Hauses, Behauptungen zu widersprechen, die gar nicht aufgestellt wurden.
Lagebesprechung während Nordkorea-Krise im Restaurant
Der nächste Image-Gau für Trump ist damit perfekt. Der Präsident ist bekannt dafür, dass er sich bei Treffen mit ausländischen Gästen nicht an das vorgesehene Skript hält und Informationen seiner Mitarbeiter, die ihn inhaltlich auf solche Treffen vorbereiten, häufig missachtet. Der markanteste Fall war ein Telefonat mit dem australischen Premierminister Malcom Turnbull, mit sich Trump entgegen jeder dipolmatischen Gewohnheit heftig stritt.
Noch unkonventioneller war es, als Trump dem japanischen Premierminister Shinzo Abe in seinem Prunk-Anwesen Mar-a-Lago empfing. Als die beiden dort im Restaurant speisten, wurde Trump über den Raketentest Nordkoreas informiert. Doch statt sich zurückzuziehen und die Lage in Ruhe zu erörtern, blieben Trump und Abe am Tisch sitzen und beugten sich gemeinsam über Dokumente. Anwesende Gäste posteten sogar Bilder von der Szene auf Facebook. Später wurden die Bilder dann gelöscht. Ein US-Präsident hält in einer atomaren Krisensituation eine Lagebesprechung in seinem Klubrestaurant ab - Mitarbeiter dürften die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen haben.
Bekannt ist außerdem, dass Trump seine Mitarbeiter darum gebeten hat, die mehrseitigen Briefings zu kürzen - am besten in Stichworten mit Spiegelstrichen. Häufig ignoriert Trump die Informationen aber komplett.
Die Frage lautet natürlich: Handelt Trump in voller Absicht oder ist er schlicht mit vielen Dingen überfordert? Ein früherer Regierungsmitarbeiter sprach gegenüber der "Post" die schlimmste Befürchtung aus: "Versteht er überhaupt , was geheim ist oder nicht? Das ist es, was mir Sorgen bereitet."