Ein Grund, warum die Amerikaner die Inauguration ihrer Präsidenten mit so großem Pomp begehen, liegt nicht nur an ihrem Hang zur großen Geste, sondern vor allem an der Freude über eine friedvolle und geregelte Machtübergabe. Seit 230 Jahren beugen sich die Staatsoberhäupter dem Wählerwillen, doch 2020 könnte es damit vorbei sein – das befürchtet die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi. Sollten die Demokraten die Präsidentschaftswahlen nicht mit großen Abstand gewinnen, könnte sich Donald Trump womöglich weigern, freiwillig abzutreten, sagte die mächtigste Oppositionelle der "New York Times" – und der US-Präsident reagierte indirekt auf seine Weise.
Donald Trump fühlt sich um zwei Jahre gebracht
Nachdem er die Untersuchung von Sonderermittler Robert Mueller als "zwei gestohlene Jahre meiner (unserer) Präsidentschaft" bezeichnet hat, retweete er das Posting seines rechtschristlichen Vertrauten Jerry Falwell. Der attestiert Trump die "beste Woche denn je" und schreibt: "Ich unterstütze Wiedergutmachung – Trump sollte zwei zusätzliche Jahre zu seiner ersten Amtszeit bekommen als Rückzahlung für gestohlene Zeit durch den fehlgeschlagenen Staatsstreich". Zwar ist Trump schlau genug, diese bislang unerhörten Worte nicht selbst zu schreiben, aber indem er sie kommentarlos auf seinem Twitter-Kanal weiterverbreitet, macht er sie sich durchaus zu eigen.
Angesichts solcher Träumereien, die vermutlich gegen die US-Verfassung verstoßen, ist es kein Wunder, dass die Demokratin Pelosi öffentlich die Befürchtung äußert, dass ein nicht wiedergewählter Donald Trump einfach im Weißen Haus bleiben wird. "Wir müssen uns davor schützen, wir müssen für den Fall gewappnet sein", sagte die Oppositionsführerin der "New York Times" weiter. Pelosi: Trump werde den "öffentlichen Geist vergiften", wenn die Demokraten nicht wieder einen "überwältigenden Sieg einfahren werden wie bei der Zwischenwahl 2018".
Donald Trump hatte schon vor Jahren, beim dritten TV-Duell gegen Hillary Clinton, die Frage unbeantwortet gelassen, ob er eine mögliche Wahlniederlage anerkennen wolle. So eine Weigerung hatte es in der amerikanischen Politik bis dahin noch nie gegeben. Als bekannt wurde, dass seine Kontrahentin Clinton drei Millionen Stimmen mehr bekommen hatte als er, beschuldigte er "illegale Wähler" für den Vorsprung gesorgt zu haben. Beweise für die Behauptung gibt es bis nicht, ebenso wenig wie für eine ähnliche Aussage nach der Zwischenwahl im vergangenen November.
"Hexenjagd ist vorbei, wir werden niemals vergessen"
US-Sonderermittler Mueller hatte zwei Jahre lang untersucht, ob Russland sich in die US-Wahl eingemischt hat (ja), ob Trumps Wahlkampfteam dabei mit Moskau zusammengearbeitet hat (nein) und ob der Präsident Trump versucht hat, die Ermittlungen dazu zu verhindern (vermutlich). Der US-Präsident nennt die Untersuchung eine "Hexenjagd" von 13, beziehungsweise 18, manchmal auch 17 wütenden Demokraten. Am Sonntag schrieb Trump vielsagend: "Die Hexenjagd ist vorbei, aber wir werden niemals vergessen."
Quellen: "New York Times", "Politico", "Zeit", Jerry Falwell auf Twitter, Donald Trump auf Twitter