Im Libanon haben sich die Kämpfe zwischen Anhängern und Gegnern der prowestlichen Regierung auf den Norden des Landes verlagert. Während in der Hauptstadt Beirut am Sonntag gespannte Ruhe herrschte, war es nach Angaben aus Sicherheitskreisen am Samstagabend und in der Nacht in der nördlichen Hafenstadt Tripoli zu heftigen Gefechten mit mehreren Toten gekommen.
Dabei hatten sich schwer bewaffnete sunnitische Regierungsanhänger Straßenkämpfe mit Mitgliedern einer alevitischen Gruppe geliefert. Diese unterstützt die pro-iranische Hisbollah. Erst am Morgen, nachdem die libanesischen Armee in die beiden umkämpften Stadtbezirke eingerückt war, hatten die Kämpfe nachgelassen.
Insgesamt sind den Angaben zufolge seit Samstagabend im Norden des Landes 17 Menschen getötet und etwa 20 weitere verletzt worden, hieß es. Darüber hinaus seien tausende Bewohner der zweitgrößten Stadt des Landes aus den umkämpften Stadtteilen Tripolis' geflohen.
Am Samstag hatten sich die Aktivisten der schiitischen Hisbollah und der Amal-Miliz aus der Hauptstadt Beirut zurückgezogen, nachdem die Armee zwei gegen die Miliz gerichtete Regierungsentscheidungen widerrufen hatte. Ministerpräsident Fuad Siniora hatte der Armee zuvor selbst die Verantwortung für den Umgang mit der Hisbollah übertragen. Während Siniora von der Hisbollah-dominierten Opposition nicht anerkannt wird, gilt die Armee als neutral.
Am Sonntag patrouillierten Regierungssoldaten durch Beiruts Straßen und bezogen mit gepanzerten Fahrzeugen Stellung im überwiegend muslimischen Teil der Stadt. Bewaffnete Kämpfer waren zwar nicht zu sehen, doch Jugendliche errichteten Straßensperren auf zentralen Durchgangsstraßen. Beiruts Flug- und Seehäfen blieben geschlossen.
"Beunruhigende Prozesse"
Am Sonntagmittag gedachte die Regierung von Ministerpräsident Fuad Siniora der mehr als 40 Opfer, die seit Beginn der Kämpfe vor fünf Tagen ums Leben kamen. Auch in den mehrheitlich von Regierungsanhängern bewohnten Stadtteilen Beiruts beteiligten sich Bürger an der von Siniora ausgerufenen Schweigeminute und hängten weiße oder libanesische Fahnen aus den Fenstern.
Die israelische Regierung äußerte sich besorgt über die Lage im Nachbarland. Der stellvertretende Verteidigungsminister Matan Vilnai sprach im israelischen Rundfunk von "beunruhigenden Prozessen". Ein "gefährliches Szenario" entstünde, sollte der Iran mit Hilfe von Stellvertretern die Kontrolle im Libanon übernehmen.
Papst betet für den Frieden
Unterdessen rief auch Papst Benedikt XVI. zum Ende der Gewalt im Libanon auf. "Der Dialog, das gegenseitige Verständnis und die Suche nach einem vernünftigen Kompromiss sind der einzige Weg, der dem Libanon seine Institutionen zurückgeben kann und der Bevölkerung die notwendige Sicherheit, um ein würdiges Leben voller Hoffnung auf ein Morgen führen zu können", sagte das katholische Kirchenoberhaupt am Pfingstsonntag nach dem Angelus-Gebet vor tausenden Gläubigen auf dem Petersplatz in Rom.
In Kairo trafen am Sonntag die Außenminister der Arabischen Liga zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen, um über mögliche Lösungen der Krise zu beraten, bei der nach Angaben der Polizei in den vergangenen fünf Tagen insgesamt 44 Menschen starben.