Herr Ferber, bei den Europawahlen lag die Wahlenthaltung in Deutschland auf Rekordniveau. Welche Lehren ziehen Sie?
Wir Europaabgeordneten müssen mehr für die Positionen kämpfen, für die wir gewählt wurden. Zum Beispiel bin ich strikt dagegen, die Ernennung des neuen Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso einfach abzunicken – obwohl er wie ich zur christdemokratischen Parteienfamilie gehört. Entscheidend ist, welches Team er aufstellt. Und da fände ich es unakzeptabel, wenn Günter Verheugen zum Superkommissar für Wirtschaft ernannt würde.
Verheugen wird für seine Leistungen als EU-Erweiterungskommissar von vielen gelobt. Wo liegt das Problem?
Von mir aus soll er Kommissar für Außenpolitik werden. Aber in der Wirtschaftspolitik hat er kaum Erfahrung. Außerdem vertritt er als SPD-Mann genau die Linie von Kanzler Gerhard Schröder, die in Deutschland eindeutig gescheitert ist. Da würde mir eher jemand wie Friedrich Merz von der CDU als Wirtschaftskommissar passen.
Wo sollten die EU-Abgeordneten außerdem mehr Zähne zeigen?
Wir sollten als Parlament bereits jetzt über das Beitrittsgesuch der Türkei entscheiden – bevor die Kom-mission Anfang 2005 die Verhandlungen mit Ankara aufnimmt. Verpassen wir diesen Termin, ist es wahrscheinlich zu spät, um das Projekt noch zu stoppen.