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Ex-Präsident in Polizeigewahrsam Verhindern Justiz-Affären Comeback von Nicolas Sarkozy?

Die vielen Affären um Frankreichs Ex-Präsidenten haben einen neuen Höhepunkt erreicht: Nicolas Sarkozy wurde von der Polizei festgenommen und verhört. Ein politisches Comeback wird unwahrscheinlicher.

Solch schwere Geschütze hat die französische Justiz noch nie gegen einen früheren Präsidenten der Republik aufgefahren: In Polizeigewahrsam wurde Nicolas Sarkozy genommen, um ihn zum Vorwurf der Bestechung eines Top-Juristen am Obersten Gerichtshof des Landes zu verhören. Dem konservativen Ex-Staatschef droht womöglich ein formelles Ermittlungsverfahren mit dem Ziel einer Anklageerhebung. Für Sarkozy, der in zahlreiche weitere Affären verwickelt ist, türmen sich immer mehr Hindernisse für ein politisches Comeback auf.

Anders als zu Beginn der Bestechungsaffäre Anfang März hielten sich die Sarkozy-Solidaritätsbekundungen aus seiner Partei UMP am Dienstag auffällig in Grenzen. Von einigen Getreuen wurde zwar erneut der Vorwurf erhoben, es handele sich um ein abgekartetes Spiel der sozialistischen Regierung zusammen mit linken Juristen, um den Hoffnungsträger vieler Konservativer fertig zu machen.

Andere hingegen wie der UMP-Abgeordnete und Ex-Untersuchungsrichter Georges Fenech lobten sogar das Tempo der Justiz: "Es ist an der Zeit, das Übel an der Wurzel anzupacken", sagte er im Fernsehen. Und warb um Vertrauen für die Justiz.

Grund für die spürbare Unterkühltheit vieler UMP-Funktionäre mit Sarkozy sind weniger die Vorwürfe, wegen denen ihr einstiges Idol nun festgenommen wurde. Auch wenn die schwer wiegen: Der Ex-Präsident soll zusammen mit seinem Anwalt Thierry Herzog von einem hochrangigen Staatsanwalt am Kassationsgerichtshof Informationen über ein laufendes Verfahren bekommen und im Gegenzug versprochen haben, dem Top-Juristen einen Posten in Monaco zu besorgen.

"Tote Äste müssen abgesägt werden"

Die Ermittler hatten Hinweise auf diese versuchte Bestechung beim Abhören von Sarkozys Handy gefunden. Dieser Zugriff auf das Handy hatte Anfang März noch einen Sturm der Entrüstung nicht nur in der UMP ausgelöst. Der Ex-Präsident selbst prangerte in einem wütenden Zeitungsbeitrag Stasi-Methoden und "Machenschaften einer Diktatur" an.

Doch seither wurde die UMP von einem weiteren Skandal um Sarkozy erschüttert, durch den auch für viele seiner Getreuen das Maß voll ist: Für seinen Präsidentschaftswahlkampf 2012 soll Sarkozy das gesetzlich vorgegebene Ausgabelimit um mehrere Millionen überzogen und die Rechnungen - verdeckt - von seiner Partei begleichen lassen haben. "Tote Äste müssen abgesägt werden", ätzte daraufhin der Abgeordnete Bernard Debré, Anhänger des internen Sarkozy-Rivalen François Fillon.

Auch zu den Geldschiebereien bei der UMP ermittelt nun die Justiz, ebenso wie zum Vorwurf der illegalen Wahlkampf-Finanzierung für Sarkozy bei dessen Kampagne 2007 durch den libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi oder die Affäre um den dubiosen Millionen-Schadensersatz im Jahr 2008 für den Unternehmer Bernard Tapie. "Seit sechs Monaten rutscht Sarkozy in den Umfragen wirklich ab", sagt Jean-Daniel Lévy vom Meinungsforschungsinstitut Harris Interactive.

"Nie wird Sarkozy zurückkommen können"

Binnen eines Jahres verlor der Ex-Präsident rund 15 Prozent Zustimmung bei den konservativen Wählern, die nach ihrem Wunschkandidaten für die Präsidentschaftswahl 2017 befragt wurden - von 66 auf 50 Prozent. Sarkozy liege zwar immer noch vorne, sagt Lévy. Aber "Alain Juppé ist ihm auf den Fersen". Der Ko-Übergangspräsident der UMP und Bürgermeister von Bordeaux gilt vielen Konservativen als integrer und fähiger, die gespaltene Partei zur Geschlossenheit zu führen.

Von den UMP-Spitzen wollte am Dienstag zunächst keiner eine Stellungnahme zum Polizeigewahrsam für Sarkozy abgeben. "Kein Kommentar", hieß es im Lager von Ex-Premier Fillon, der ebenfalls die Präsidentschaftskandidatur anstrebt. Im engsten Kreis macht Fillon aber keinen Hehl aus seiner Ansicht: "Nie wird Sarkozy zurückkommen können, wegen der Affären."

Die Anhänger des Ex-Staatschefs sehen das völlig anders: "In der ersten Septemberhälfte" werde Sarkozy wieder in vorderster Front mitmischen, prophezeien sie. Dann werde er seine Kandidatur für den UMP-Vorsitz ankündigen. Die lästigen Justiz-Affären "ändern nichts am Zeitplan".

mka/AFP AFP

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