Bei einem Explosionsinferno in der nigerianischen Millionenstadt Lagos sind möglicherweise Hunderte von Menschen getötet worden. 580 Bürger, die vor dem detonierenden Munitionslager flüchteten, sollen nach zunächst unbestätigten Rundfunkberichten vom Montag in einem Wasserlauf ertrunken sein. Andere starben durch den Druck der gewaltigen Explosion.
Die durch einen Brand ausgelöste Detonationsserie zerstörte am Sonntagabend mindestens ein Dutzend Gebäude, verwüstete den Stadtteil Ikeja beim internationalen Flughafen und trieb tausende Menschen in die Flucht. Nach Angaben örtlicher Journalisten und der Polizei wurden am Montag die Leichen von zwölf Soldaten in der Nähe der Unglückskaserne gefunden.
Die Körper der Ertrunkenen sollen ebenfalls am Montag entdeckt worden sein, berichteten lokale Rundfunksender. Eine offizielle Bestätigung gab es dafür zunächst nicht. Die genaueren Todesumstände blieben unklar.
Bomben und Panzerabwehrraketen
Ein Feuer in einer Suppenküche war am Sonntagabend auf das Munitionslager im Stadtteil Ikeja der westafrikanischen Hafenmetropole übergesprungen und hatte eine Reihe schwerer Detonationen ausgelöst. In dem Depot befanden sich neben Gewehrmunition auch große Bomben und Panzerabwehrraketen.
Die Explosionen und Brände dauerten über Stunden an. Ohrenbetäubender Lärm wie von einer Kriegsfront dröhnte nach
Zeugenberichten durch die Stadt. Noch im rund 15 Kilometer entfernten Stadtzentrum waren die Erschütterungen zu spüren. Tausende ergriffen teilweise barfuß über Hauptstraßen die Flucht. Erst am Morgen schien das Feuer unter Kontrolle. Neugierige säumten den abgeschirmten Bereich.
Soldaten durchkämmten die Geröllberge des zerstörten Bezirks. Tausende in Kasernen untergebrachte Menschen warteten auf die Erlaubnis zur Rückkehr in ihre Häuser. »Zahlreiche Kinder suchen nach ihren Eltern und umgekehrt«, sagte ein Polizeisprecher am Morgen.
Gerüchte über Putschversuch
Sofort breiteten sich Gerüchte über einen Aufstand in dem von politischen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten und Kriminalität erschütterten Land aus. Der Gouverneur der Stadt mahnte die Bevölkerung zur Ruhe. Es handle sich nicht um einen Putschversuch, versicherte Bola Tinubu im staatlichen Rundfunk. »Der Generalkommandeur der Armee ist hier bei mir. Alle Spekulationen über einen militärischen Machtwechsel sind falsch.« Präsident Olusegun Obasanjo besuchte am Montag nach Medienanberichten den verwüsteten Stadtteil.
Zwei Jahre nach der Ablösung der 15-jährigen Militärherrschaft hat die Zivilregierung von Nigeria mit immensen wirtschaftlichen und politischen Schwierigkeiten zu kämpfen - in einem Land mit einer Fläche mehr als doppelt so groß wie die Deutschlands. Rund 10 000 Menschen wurden seit 1999 bei gewalttätigen Auseinandersetzungen getötet. Zuletzt wuchs die Sorge vor einem Generalstreik und Ausschreitungen wegen einer angekündigten Benzinpreiserhöhung.