Bei teilweise gewaltsamen Protesten gegen die Rentenreform in Frankreich sind in Paris mehr als 200 Menschen festgenommen worden. Es habe 217 Festnahmen gegeben, teilte die Polizei der Hauptstadt in der Nacht zum Freitag mit. Zuvor war sie unter anderem im Zentrum von Paris mit Tränengas und Wasserwerfern gegen Demonstrierende vorgegangen, die auf dem Place de la Concorde ein Feuer entzündet hatten.
Auf dem traditionsreichen Platz vor dem französischen Parlament hatten sich mehrere tausend Demonstranten versammelt. Letztlich wurde er in einem massiven Polizeieinsatz geräumt.
Auch in anderen französischen Städten kam es zu erneuten Ausschreitungen bei Demonstrationen. In Marseille verwüsteten Demonstranten dabei mehrere Geschäfte und setzten Müllbehälter in Brand. Dabei riefen sie laut dem Bericht eines AFP-Korrespondenten "Nieder mit dem Staat". Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften gab es nach Angaben von AFP-Reportern auch in Nantes, Rennes, Lille, Grenoble und Lyon.
Bereits seit Monaten Proteste in Frankreich
Die Proteste gegen die von Präsident Emmanuel Macron geplante Reform, die in erster Linie die schrittweise Anhebung des Rentenalters von 62 auf 64 Jahre vorsieht, halten seit Monaten an. Die Wut der Demonstranten wurde am Donnerstag zusätzlich durch einen Schachzug der Regierung angestachelt, der die Verabschiedung der Reform ohne Abstimmung in der Nationalversammlung ermöglicht. Als Premierministerin Elisabeth Borne dafür den Rückgriff auf den Verfassungsartikel 49.3 ankündigte, brach in der Nationalversammlung Tumult aus. Die Gewerkschaften riefen ihrerseits zu einer Ausweitung der Proteste auf.
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Dennoch ist das wohl wichtigste Vorhaben von Präsident Emmanuel Macron noch nicht komplett in trockenen Tüchern. Bis Freitag werden Misstrauensanträge der Opposition gegen die Regierung erwartet. Linke und Rechtsnationale haben entsprechende Anträge bereits angekündigt. Diese müssen bis spätestens Freitagnachmittag vorliegen, abgestimmt darüber wird in den kommenden Tagen. Dass die Regierung damit gestürzt wird, gilt aber als wenig wahrscheinlich. Der Präsident der Républicains, Éric Ciotti, erklärte bereits, seine Fraktion werde keinen Misstrauensantrag unterstützen. Ob sich alle Abgeordneten daran halten, ist aber offen.
Derzeit liegt das Renteneintrittsalter in Frankreich bei 62 Jahren. Tatsächlich beginnt der Ruhestand im Schnitt aber später: Wer für eine volle Rente nicht lange genug eingezahlt hat, arbeitet länger.