Gewaltsame Proteste Macron nennt tödliche Schüsse eines Polizisten gegen 17-Jährigen "unverzeihlich"

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron äußerte sich bei seinem Besuch in Marseille zu den Schüssen
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron äußerte sich bei seinem Besuch in Marseille zu den Schüssen auf den Jugendlichen
© Ludovic Marin / Pool / AFP
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat mit Mitgefühl und klaren Worten auf den Tod eines 17-Jährigen durch einen Polizeischuss reagiert. Nach gewaltsamen Protesten ruft er das Land zur Ruhe auf.

Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron hat die tödlichen Schüsse eines Polizisten auf einen 17-Jährigen bei einer Verkehrskontrolle bei Paris als "unverzeihlich" und "unerklärlich" verurteilt. "Nichts, nichts rechtfertigt den Tod eines jungen Menschen", sagte Macron am Mittwoch bei einem Besuch in Marseille. Er hob hervor, wie bewegt "die ganze Nation" sei und drückte der Familie des Opfers "Respekt und Zuneigung" aus. Er äußerte die Erwartung, dass rasch die "Wahrheit" über den Vorfall herausgefunden und "Gerechtigkeit" geschaffen werde. 

Der Präsident rief angesichts der gewaltsamen Proteste vom Dienstagabend aber auch eindringlich zur "Ruhe" im gesamten Land auf. "Wir brauchen überall Ruhe, weil wir keine Feuersbrunst gebrauchen können, eine sich verschlimmernde Lage."

Bei einer Verkehrskontrolle fielen Schüsse

Der 17-jährige Nahel M. war am Dienstag auf dem Fahrersitz eines Autos bei einer Verkehrskontrolle in der Pariser Vorstadt Nanterre erschossen worden. Zunächst hatte es bei der Polizei geheißen, das Auto sei in der Nähe des Pariser Geschäftsviertels La Défense auf zwei Motorrad-Polizisten zugefahren. In einem im Internet verbreiteten Video, das von der Nachrichtenagentur AFP auf seine Echtheit überprüft wurde, war dann aber zu sehen, wie zwei Polizisten das Fahrzeug für eine Kontrolle stoppten. Einer der beiden Polizisten zielte dabei mit seiner Waffe auf den Fahrer durch das Autofenster und schoss dann aus nächster Nähe, als das Auto plötzlich beschleunigte. 

Nach wenigen Metern krachte der Wagen dann in einen Pfosten. Der 17-jährige Fahrer Nahel M. starb kurze Zeit später trotz Wiederbelebungsversuchen der Rettungskräfte durch eine Schusswunde in der Brust. Im Video war bei der Kontrolle zuvor der Satz zu hören: "Du kriegst eine Kugel in den Kopf." Der Schütze, ein 38-jähriger Polizist, wurde festgenommen; sein Polizeigewahrsam wurde am Mittwoch verlängert.

Frankreichs Premierministerin Élisabeth Borne betonte angesichts der Ermittlungen die "absolute Notwendigkeit der Wahrheit, damit Beruhigung über Wut siegen kann". Der linksgerichtete Bürgermeister von Nanterre, Patrick Jarry, rief ebenfalls zur Ruhe auf und sagte, die Bilder von dem Vorfall hätten in Naël M.s Heimatort Nanterre Empörung und Wut ausgelöst. "Unsere Stadt ist schockiert, beschädigt, verletzt und besorgt angesichts dieser Welle der Gewalt", sagte Jarry. "Wir wollen Gerechtigkeit und wir werden sie bekommen." 

Neue Debatte um Polizeigewalt in Frankreich

Nach dem Tod des 17-Jährigen war es in der Nacht zu wütenden Protesten und gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Anwohnern und Polizisten in Nanterre und anderen Pariser Vorstädten gekommen. Nach Polizeiangaben wurden 24 Beamte leicht verletzt und 31 Menschen festgenommen. Vor allem in Nanterre wurden mehrere Gebäude, darunter eine Schule, beschädigt. Mehr als 40 Autos sowie ein Rathaus in der Gemeinde Mantes-la-Jolie nahe Paris brannten aus. Auch aus anderen Städten, darunter Dijon und Bordeaux, wurden Ausschreitungen gemeldet.

Die Behörden mobilisierten daraufhin für Mittwochabend 2000 Sicherheitskräfte für Paris und seine Vororte, wie das Innenministerium mitteilte. Am Dienstagabend waren 1200 Polizisten im Einsatz gewesen.

Der Vorfall hat die Debatte um Polizeigewalt in Frankreich neu entfacht. Nach Verkehrskontrollen, bei denen den Befehlen nicht Folge geleistet wurde, starben im vergangenen Jahr 13 Menschen, so viele wie noch nie. 

AFP
mkb

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