Etliche Stunden muss man mit dem Einbaum fahren, um zu den tief im Dschungel versteckten Schürfstellen zu gelangen. Ganze Dörfer haben illegale Goldgräber hier aus dem Boden gestampft, damit sie nach der harten Arbeit am Fluss einkaufen, zum Zahnarzt gehen, Billard spielen oder ein Bordell besuchen können. Vor allem Brasilianer sind unter den 10000 bis 12000 Goldgräbern, die heimlich über die Grenze nach Französisch-Guyana eingesickert sind und hier ihr Glück versuchen. Mit einer Art Guerilla-Taktik versucht die Gendarmerie des französischen Übersee-Departements, der Lage Herr zu werden. Doch ihre Chancen, diesen Kampf zu gewinnen, sind gering.
Mehr als 50 Bluttaten in diesem Jahr
Der Goldrausch geht seit einigen Jahren um in Französisch-Guyana, das den Europäern meist nur als der Standort des Weltraumbahnhofs für die Ariane-Raketen bekannt ist, so groß wie Portugal und eingezwängt zwischen Surinam und Brasilien. Nun sorgt das Übersee-Departement in Paris für einige negative Schlagzeilen: Französisch-Guyana mit seinen etwa 174.000 Bewohnern hält Frankreichs Rekord bei der Mordrate - in diesem Jahr waren es bereits weit mehr als 50 Bluttaten. Die meisten gehen auf das Konto der Goldgräber, ihrer organisierten Arbeitgeber und des "permanenten Wilden Westens im Dschungel, der schlimmer ist als zu der Zeit von Billy the Kid in den USA", wie ein Gendarm klagt.
Mit schwerem Gerät und angetrieben von gewinnsüchtigen Hintermännern graben die illegalen Goldgräber an und in den Flüssen, setzen Froschmänner, Bagger und Spritzdüsen ein. "Wenn wir über die Runden kommen wollen, müssen wir dreieinhalb Gramm in der Stunde aus dem Schlamm auf dem Schürfband holen", erklärte einer von tausenden Goldgräbern dem Pariser "Journal du Dimanche". Er schläft mit fünf anderen auf einer Schute, nachdem die Gendarmen in einer Razzia das zuvor im Dschungel aufgebaute Goldgräber-Dorf niedergebrannt haben. Das Quecksilber, das sie aus dem Goldamalgam lösen, werfen sie gleich wieder in den Fluss Approuague, obwohl die Eingeborenen sich dann von vergifteten Fischen ernähren müssen, die sie aus dieser Brühe ziehen.
Neben dem ökologischen Desaster samt Abholzungen und Zerstörung von Flusslandschaften hat das Goldfieber vermehrt Waffenhandel sowie Malaria und Aids nach Französisch-Guyana gebracht. "Alles, was mit den Goldgräbern zu uns gelangt, ist gefährlich", erklärt der Gendarm Jean-Philippe Danede. Und er spricht von jenen enthaupteten Körpern, die im Dschungel gefunden wurden, als ein Zeichen von Abrechnungen im Milieu. Mehr als 60 "Operationen Anaconda" hat die dafür aufgestockte Gendarmerie seit 2002 gegen die illegalen Goldgräber gestartet, meist Blitzaktionen, mit denen die Nachschubwege der Schürfer unterbunden werden sollen - doch ein Dorf in Asche ist schnell wieder aufgebaut.
700 Gendarmen und ein Hubschrauber
Es sind 700 Gendarmen und ein Hubschrauber, die 730 Kilometer Grenze zu Brasilien, 520 Grenzkilometer zu dem westlichen Nachbarn Surinam und einen weitgehend unzugänglichen Urwald zu kontrollieren haben - eine Sisyphus-Arbeit. "Wenn wir jemanden mit etwas Gold in der Tasche aufgreifen, sehen wir weg, denn das sind arme Leute aus Nordbrasilien", berichtet Danede. Mehr als 250 Strafverfahren sind auf den Weg gebracht worden, um jene dingfest zu machen, die bei diesem lukrativen Geschäft eigentlich die Fäden ziehen. Denn erst dann kann wieder Ruhe im Dschungel von Französisch-Guyana herrschen.