G-20 Steinbrück heizt die Stimmung an

Ein stern-Interview sorgt schon vor dem Start des G-20-Gipfel in Pittsburgh für dicke Luft zwischen den Teilnehmern. In dem Gespräch hatte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück die Briten hart angegriffen. Sie verhinderten eine stärkere Kontrolle der Finanzbrache. Die Angesprochenen wehren sich.

Es war die gewohnt deutliche Tonart, die der Bundesfinanzminister im Interview mit dem stern angeschlagen hatte: Die britische Finanzlobby verhindere eine stärkere Kontrolle der dortigen Banken und anderer Spekulanten. "Da ist in London klar eine Lobby, die einen Wettbewerbsvorteil mit Zähnen und Klauen verteidigen will", wetterte Steinbrück und verlieh damit dem am Donnerstag startenden G-20-Gipfel im amerikanischen Pittsburgh zusätzliche Würze.

Es soll dort in großen Teilen um die Finanzbranche gehen und um Zustand und Zukunft der Weltwirtschaft. In den vergangenen Jahren war beides eng miteinander verknüpft. Der Gipfel in Pittsburgh beschäftigt sich unter anderem mit Begrenzungen für Banker-Boni, mit der Finanzmarktkontrolle und strengeren Eigenkapitalanforderungen an Banken. Steinbrücks Idee einer Finanzmarktsteuer dürfte dagegen keine Chance haben, allgemeines Gehör zu finden. Sie kam nicht einmal auf die Tagesordnung.

Briten wehren sich

Das britische Finanzministerium mochte Steinbrücks Vorwurf am Mittwoch nicht auf sich sitzen lassen. Ein Sprecher sagte, Großbritannien habe die internationalen Bemühungen zur Begrenzung der "riskanten Vergütungs- und Boni-Kultur in der globalen Bankenindustrie" sogar vorangetrieben. Die britischen Vorschläge seien international die Blaupause für Bonus-Begrenzungen.

Beistand hatten die Briten schon vor längerer Zeit von prominenter Ökonomenseite bekommen. Der Chef-Volkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, hatte jüngst in Brüssel gesagt: "Ich widerspreche der Ansicht, die Investmentbanker hätten nichts gelernt und wollten genauso weitermachen wie vor Ausbruch der Finanzkrise." Die Europäer könnten in Pittsburgh mehr erreichen, wenn sie mit einer Stimme sprächen. Nach Walters Ansicht wäre es sogar das Beste, wenn gerade Großbritannien die Führung bei der Neuregulierung der Finanzmärkte übernähme. Die britische Regierung habe begriffen, dass die zu laxe Regulierung die Krise mit verursacht habe. "Wenn die City mit Vorschlägen kommt, können die Kontinentaleuropäer zustimmen. Wenn Paris oder Berlin sagen, wo es langgehen soll, wird es kontraproduktiv."

Transatlantische Gegensätze

Bei den Kernthemen gibt es Gegensätze zwischen den Amerikanern und den Europäern, die bei der Regulierung von Bankern und Börsianern teilweise deutlich weiter gehen wollen. In der Europäischen Union liegen unmittelbar vor dem Treffen konkrete Pläne für eine bessere grenzüberschreitende Finanzaufsicht auf dem Tisch. Banken und andere Finanzdienstleister in der EU sollen nach dem Willen der Kommission künftig streng und einheitlich kontrolliert werden. Ab 2010 soll es drei EU-Behörden für die Kontrolle des Bankwesens, des Wertpapierhandels und der Versicherungen geben. Zudem soll ein "Europäischer Rat für Systemrisiken" geschaffen werden: Er soll rechtzeitig Gefahren für das Finanzsystem als Ganzes erkennen.

Nach einem Bericht des "Wall Street Journal" werden die Unstimmigkeiten zwischen Amerikanern und Europäern auch bei der Frage der Eigenkapitalausstattung der Banken größer. Zwar gebe es einen Konsens, dass sie höher sein müsse als bisher. Vor allem Deutsche und Franzosen fürchten aber Wettbewerbsnachteile, weil europäische Banken nach den Vorstellungen der USA ihr Kapital deutlich stärker erhöhen müssten als amerikanische Geldhäuser, schreibt die Zeitung.

Reuters
ben/Reuters