In der Kneipe "The Navy" im südenglischen Plymouth feiern die Eltern des jüngsten Matrosen mit Sekt, Bier und Dutzenden "Welcome Home"-Fahnen die Nachricht, dass ihr Sohn, der 20-jährige Arthur Batchelor, mit seinen 14 Kameraden auf dem Weg in die Freiheit ist. Die Mutter des Soldaten Adam Sperry erfuhr die Nachricht gestern Nachmittag beim Oster-Einkauf im Supermarkt, als ihre Tochter sie anrief: "Ich fing einfach an zu schreien - die Leute an den Regalen müssen geglaubt haben, da sei eine Verrückte im Laden. Ich bin einfach überwältigt. Nie hätte ich mit so einer schnellen Lösung gerechnet."
Doch die Bilder der überglücklichen Eltern, Geschwister und Freunde finden sich nur auf den hinteren Seiten der heutigen britischen Zeitungen. Die Titelseiten dominiert eine Frage: War dies eine Demütigung oder nicht? Die "Sun" stellt unter das Bild der winkenden Ex-Gefangenen in neuen Beinkleidern die Titelzeile: "Ich ging in den Iran und alles, was ich bekam, war ein lausiger Anzug" und nennt dies "die letzte Beleidigung der 15 Briten". Der "Daily Express" überschreibt seine Berichterstattung mit dem Wort "Gedemütigt": Irans Präsident habe Großbritannien schwach und dumm aussehen lassen.
Jetzt kommen die unangenehmen Fragen
Vor allem von Kommentatoren der eher konservativ ausgerichteten Zeitungen werden nun Fragen gestellt, die während der Geiselnahme allenfalls angedeutet wurden: Warum konnten die Armeeangehörigen so einfach festgenommen werden? Warum haben sie sich nicht gewehrt? Wo war die Unterstützung des Mutterschiffes HMS Cornwall? Und auch: Warum haben die 15 Soldaten so scheinbar schnell und ohne Widerstand die iranischen Forderungen erfüllt - anstelle sich zu weigern, mehr preiszugeben als nur ihren Namen und ihren militärischen Rang.
Noch vor einigen Jahren wurden britische Soldaten im Training angewiesen, im Falle einer Gefangennahme nie mehr als diese essentiellen Informationen weiterzugeben. Inzwischen wird gelehrt, sich entsprechend der Situation zu verhalten und im Zweifelsfalle lieber mehr zu kooperieren als zu riskieren.
Politische Beobachter sehen den Ausgang der Krise jedoch wesentlich positiver. Es sei ein Erfolg, dass nicht die Drohung mit militärischer Gewalt, sondern diplomatische Gespräche zu einem Erfolg geführt haben, sagte Robert Cooper in einem Interview mit der BBC. Dies sende auch Signale an die neokonservative Fraktion in den Vereinigten Staaten, die jegliche Verhandlungen mit dem Iran ablehnen. Cooper ist Berater des Hohen Vertreters für die EU-Außenpolitik, Javier Solana.
"Independent" auf den Kopf gestellt
Die Tageszeitung "The Independent" zeigt wohl am treffendsten die Stimmung in Großbritannien an diesem Tag: Sie hat ihre Titelseite geteilt. Auf der einen Seite steht die Schlagzeile "Sieg - der diplomatische Triumph des iranischen Präsidenten". Wer das Blatt jedoch auf den Kopf stellt, kann lesen: "Freude - der britische Premierminister feiert die friedliche Lösung der Geisel-Krise".