Selbst die besten Freunde des US-Präsidenten können nur noch beteuern, George W. Bush habe nicht gelogen. Dass die US-Regierung Amerikaner und Weltöffentlichkeit mit der Begründung des Irakkriegs in die Irre geführt hat, scheint inzwischen unbestritten. Die angeführten Motive der US-Regierung für den Krieg haben sich in den zentralen Punkten als haltlos erwiesen.
Der US-Untersuchungsausschuss, in dem auch republikanische Parteifreunde von Bush sitzen, stellte nach der Auswertung von 1000 Zeugenaussagen und zwei Millionen Dokumenten schlicht fest, dass es keine Hinweise auf eine Zusammenarbeit des irakischen Diktators Saddam Hussein mit dem Terrornetz El Kaida gab. Bush ist blamiert - aber es gibt gute Gründe, warum sein demokratischer Herausforderer John Kerry weniger als fünf Monate vor der Präsidentschaftswahl nicht triumphiert.
Bush: "Wir haben absolut das Richtige getan."
Bush übt sich in Rückzugsgefechten. Zweifellos hätten Terroristen in Bagdad Unterschlupf gefunden. "Wir haben absolut das Richtige getan. Die Welt ist besser ohne Saddam", sagt er trotzig. Außenminister Colin Powell beharrt darauf, dass es "Verbindungen gegeben hat". Saddam habe natürlich Terroristen unterstützt.
Diese These ist allerdings vieldeutig. Saddam hatte durchaus Kontakte zu den Verantwortlichen der Anschläge vom 11. September 2001. Aber Avancen von El-Kaida-Chef Osama bin Laden nach mehr Kooperation wurden in Bagdad ignoriert. Das erscheint nur logisch, fürchtete Saddam doch stets auch im eigenen Land - in dem Staat und Religion getrennt waren - die radikal-islamistischen Kräfte unter der schiitischen Bevölkerungsmehrheit.
Nichts als heiße Luft
Die US-Öffentlichkeit registriert aufmerksam das Zerbröckeln der offiziellen Begründung für den Irakkrieg. Massenvernichtungswaffen, die angeblich eine "unmittelbare Bedrohung" darstellten, wurden nie gefunden. "Bush müsste sich nun entschuldigen", forderte die "New York Times" und geißelte die Hinweise auf eine noch so ferne Verbindung Saddams mit dem 11. September als die "unehrenhafteste" Kriegsbegründung. Insgesamt gehen die US-Medien zur Beunruhigung der Republikaner immer kritischer mit Bush um. Zu oft entpuppten sich angebliche "sichere Geheimdienst-Erkenntnisse" als heiße Luft.
Bush hat ein wachsendes Glaubwürdigkeitsproblem. Allerdings schwindet das Vertrauen der US-Öffentlichkeit in Bush längst nicht so rapide, wie sich das die Demokraten wünschen. Zum einen sehen viele Amerikaner in Bush und Cheney aufrechte Patrioten. Zum anderen scheinen viele die wahren Gründe für den Irakkrieg zu akzeptieren.
Gemäß neokonservativer Einschätzung müssen die USA angesichts wachsenden Islamismus, gefährlicher Instabilität im ölreichen Nahen Osten sowie der Bedrohung Israels eine Politik der Offensive und Stärke verfolgen. Der Kampf gegen die anti-westlichen Kräfte und den Terrorismus müsse dort geführt werden, wo diese ihre Basis haben.
Entscheidet die Konjunktur die Wahl?
Bush Popularitätswerte sinken bei den verschiedenen Umfragen immer wieder mal auf 40 Prozent - aber nicht darunter. Bush hofft auf die anziehende Konjunktur. Völlig irritiert nahmen seine Wahlkampfmanager aber zur Kenntnis, dass die Wähler trotz guter Wirtschaftsdaten Bush keineswegs erheblich mehr Wirtschaftskompetenz zubilligen als Kerry. Anscheinend ist den US-Bürgern das gigantische Haushaltsdefizit doch nicht geheuer, sind Steuererleichterungen vor allem für die Reichen nicht sonderlich sympathisch.
Viereinhalb Monate vor der Wahl gibt es widersprüchliche Signale. Alle wissen, dass der teuerste und längste Wahlkampf in der US- Geschichte noch lange nicht entschieden ist. Das Trauma von George W. Bush, dass ihn das gleiche Schicksal wie seinen Vater ereilt, wird ihn noch bis zum 2. November verfolgen. Sein Vater hatte als Präsident und Sieger im ersten Irakkrieg 1992 nach nur einer Amtszeit überraschend gegen Bill Clinton verloren.
Laszlo Trankovits/DPA