Guido Westerwelle "Für touristische Gefühle hatte ich noch keine Zeit"

Eins hat Guido Westerwelle schnell gelernt: Für Entdecker und Genießer sind die Reisen eines Außenminister nicht geschaffen. "Für touristische Gefühle hatte ich noch keine Zeit", sagte er am Donnerstagmorgen bei strahlendem Sonnenschein vor dem Kapitol in Washington in die zahlreichen Kameras, die ihn bei seinem Antrittsbesuch begleiteten.

Eins hat Guido Westerwelle schnell gelernt: Für Entdecker und Genießer sind die Reisen eines Außenminister nicht geschaffen. "Für touristische Gefühle hatte ich noch keine Zeit", sagte er am Donnerstagmorgen bei strahlendem Sonnenschein vor dem Kapitol in Washington in die zahlreichen Kameras, die ihn bei seinem Antrittsbesuch begleiteten. Als er als Student das erste Mal in der US-Hauptstadt gewesen sei, habe er sich die Sehenswürdigkeiten angeschaut und sei durch die Buchläden getingelt. "Wenn Sie jetzt hier gewissermaßen dienstlich sind, sind Sie eingeplant wirklich in jeder Minute."

Für viele Beobachter ist es noch ein ungewohntes Bild: Westerwelle als deutscher Chefdiplomat auf internationalem Parkett. Zu sehr hat man sich in den vergangenen vier Jahren an den Oppositionsführer gewöhnt, der sich in scharfen, einfallsreichen und manchmal auch polemischen Reden im Bundestag als Chefkritiker der Regierung profilierte. Jetzt muss jedes Wort wohl abgewogen und austariert sein. Als Diplomat muss man die Kunst der höflichen Andeutung beherrschen, klare Ansagen verkneift man sich besser.

In Washington demonstrierte Westerwelle das am Beispiel einer seiner Lieblingsforderungen aus Oppositionszeiten - der nach dem Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland. Im Wahlkampf hatte er dafür noch eine klare Frist bis zum Ende der Legislaturperiode formuliert. Als Außenminister bringt er seine Forderung nun vor, ohne die im Fliegerhorst Büchel in Rheinland-Pfalz gelagerten Bomben überhaupt zu erwähnen. Die Bundesregierung wolle die Abrüstungsinitiative von US-Präsident Barack Obama "nicht nur mit Worten unterstützen, sondern auch mit Taten", sagte er. Das müsse in Abstimmung mit den Bündnispartnern geschehen.

Die Reise nach Washington bildete den Abschluss der ersten Woche von Westerwelles Amtszeit. Seine ersten zwanzigtausend Flugkilometer hat er bereits locker bewältigt: Brüssel, Warschau, Den Haag, Paris, Brüssel, Luxemburg, Washington und zwischendurch auch immer mal wieder Berlin. Und er hat erste Akzente gesetzt.

Seinen ersten Antrittsbesuch stattete Westerwelle nicht wie seine Vorgänger den engsten Verbündeten in Paris ab, sondern flog stattdessen nach Warschau. Damit setzte er das in die Tat um, was er bei seinem Amtsantritt versprochen hatte: Osteuropa müsse mehr Aufmerksam zuteil werden.

Die zweite Station seiner Reise, Den Haag, sorgte für noch größere Überraschung als die erste. Mit der Wahl wolle er seinen Respekt für die kleineren EU-Staaten unterstreichen, erklärte Westerwelle. Europa sei "keine Veranstaltung von einigen wenigen Großen".

Paris folgte erst an dritter Stelle. Die deutsch-französische Freundschaft müsse in seiner Generation nicht mehr gelernt werden, sondern sei "Teil unserer Gene" geworden, begründete er die Reihenfolge.

Mit Forderungen verschonten die Gastgeber Westerwelle weitgehend. Lediglich NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen machte ihm klar, dass er eine Aufstockung des Bundeswehrkontingents in Afghanistan für angebracht hält.

In den USA hielten sich die Gesprächspartner mit solchen Forderungen zurück. Stattdessen betonten seine Gesprächspartner in Washington, dass man an der gemeinsamen Gesamtstrategie für die Region Interesse habe. Anfang nächsten Jahres soll eine solche Strategie auf einer internationalen Konferenz entworfen werden, in die die Bundesregierung große Hoffnungen setzt.

Der neue Außenminister befindet sich noch in der Schonzeit, in der er noch nicht auf alle Fragen eine Antwort haben muss. Noch geht es darum, das Amt kennenzulernen, zuzuhören und einen guten Draht zu den wichtigsten Partnern zu finden. Das ist überall in der Politik wichtig und in der Diplomatie ganz besonders. Das weiß Westerwelle ganz genau. Bei der Pressekonferenz mit US-Außenministerin Hillary Clinton hob er am Donnerstag deswegen sichtlich zufrieden hervor, man habe sich "nicht nur politisch, sondern auch persönlich" sehr gut verstanden. "Das ist ein guter Anfang unserer Zusammenarbeit gewesen."