Felsen-Eiland "Der friedlichste Grenzstreit der Welt" ist beigelegt: Dänemark und Kanada einigen sich über Hans-Insel

Dänische Soldaten posieren mit einer dänischen Flagge auf der Hans-Insel
Dänische Soldaten posieren mit einer dänischen Flagge auf der Hans-Insel. Das Hin- und Her beim gegenseitigen Flaggenhissen zwischen Dänemark und Kanada hat jetzt ein Ende. 
© epa Royal Danish Navy Handout/ / Picture Alliance
Jahrzehntelang haben Dänemark und Kanada um eine kleine Felseninsel "gekämpft". Jetzt haben sich die beiden Staaten im "friedlichsten Grenzstreit der Welt" geeinigt – nachdem Soldaten beider Länder jahrelang Schnaps ausgetauscht hatten.

Sie ist aus Fels. Sie ist vegetationslos. Sie ist gerade einmal rund 1,3 Quadratkilometer groß. Sie ist unbewohnt. Die Felseninsel liegt zudem noch in einem wirtschaftlich unattraktiven Gebiet, zwischen Nordkanada und den Norden Grönlands in der Nares-Straße. Und dennoch ist sie seit Jahrzehnten Zankapfel zwischen Dänemark und Kanada – der weltweit für Schlagzeilen sorgte.

Doch jetzt sind die Streitigkeiten um die Hans-Insel – benannt nach dem grönländischen Expeditionsteilnehmer Hans Hendrik – endlich beigelegt, wie dänische und kanadische Medien berichten.

Kanada und Dänemark haben sich demnach auf eine Grenzziehung geeinigt, nachdem beide Staaten seit rund 50 Jahren das Eiland für sich beanspruchten. Nun ist also der Schlussstrich unter dem Konflikt gezogen worden. Genauer gesagt mitten durch. Die Hans-Insel wird zwischen beiden Ländern einfach geteilt, nachdem die Länder über Jahre ihre Flaggen auf der Insel hissten und die des anderen abmontierten.

Dänemark bekommt großes maritimes Gebiet dazu

Das neue Grenzabkommen beinhaltet aber nicht nur eine Einigung über die Hans-Insel. Es ist auch ein Abkommen über eine Seegrenze von mehr als 3800 Kilometern – und damit die längste Seegrenze der Welt, wie der dänische Außenminister Jeppe Kofod laut Medienberichten sagte.

"Für Grönland und Dänemark ist das ein richtig gutes Abkommen. Es sind 50 Jahre vergangen, wo man sich damit in den wechselnden dänischen Regierungen und in Grönland rumgeschlagen hat, um eine Lösung für die Hans-Insel und den Grenzstreit zu finden", wird der Außenminister zitiert. Das Abkommen sei für die Menschen auf beiden Seiten der Grenze wichtig, da sie für die Fischerei, Jagd und natürlichen Ressourcen von Bedeutung sei.

Dass Dänemark allen Grund zur Freude hat, dürfte bei den territorialen Zugewinnen offensichtlich sein: Das dänische Meeresgebiet in der Region wird ausgeweitet, ungefähr um die Größe von Jütland und den dänischen Inseln Fyn und Sjælland, wie der dänische Rundfunk DR berichtet.

Für Kofod zeige die Einigung auch, dass man sich auch ohne Konflikte und diplomatische Eiszeiten eine Lösung für Territorialstreitigkeiten finden könne.

Flaggentausch und Schnaps für den "Feind" 

Aber wie kam es überhaupt zu dem Grenzstreit? Schon früh gab es beiderseitige Gebietsansprüche. Dänemark wurde die Insel von einem internationalen Gericht unter dem Völkerbund zugesprochen. Dieses Urteil schaffte es aber nicht in die Vereinten Nationen nach dem Zweiten Weltkrieg, wie die dänische Zeitung "Berlingske" schreibt. Somit konnten Dänemark und Kanada Anspruch auf das Felsen-Eiland erheben. Doch erst 1973 bemerkte man bei der Grenzziehung zwischen Grönland und Kanada, dass es da ein kleines Problem namens Hans-Insel – auf Grönländisch Tartupaluk – gab. Man einigte sich dann erstmal darauf, nicht einig zu sein.

Doch aufgeschoben ist eben nicht aufgehoben: 1984 gingen kanadische Soldaten auf die Insel und hissten ihre Flagge. Auch Forscher der kanadischen Ölgesellschaft Dome Petroleum setzten ihren Fuß ein Jahr zuvor auf die Insel, so die kanadische Zeitung "The Globe and Mail". Darauf folgten wieder die Dänen bzw. Grönländer, die wiederum die dänische Flagge hissten. So ging das ein paar Jahre hin und her.

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Der ganzen Welt wurde der Streit um die Hans-Insel bekannt, da sich seit Jahren ein kurioser Brauch zwischen den dänischen und kanadischen Militärs entwickelte: Die Kanadier stellten zu der Flagge eine Flasche Whisky und die Dänen einen dänischen Schnaps. Wegen dieser "Kampfhandlungen" fand der Konflikt zwischen den beiden Ländern als "friedlichster Grenzstreit der Welt" oder "Whisky War" Einzug in die Medien um den Globus.

Kanadas Verteidigungsminister sorgt für Eklat

Irgendwann aber reizte im Jahr 2005 der damalige kanadische Verteidigungsminister Bill Graham die Dänen und Grönländer offenbar zu sehr, als er die Hans-Insel besuchte, die dänische Flagge entfernte und mit nach Kanada nahm, wo er sie nach Angaben des dänischen Journalisten und Arktis-Experten Martin Breum der dänischen Botschaft übergab.

Damit hörte der Spaß auf und beide Staaten einigten sich 2008 darauf, eine friedliche Lösung des Konfliktes zu finden – mit Erfolg.

Aber: Hat sich dieser Streit über die Jahrzehnte überhaupt gelohnt? Oder: Warum haben sich beide Staaten so festgebissen? Untersuchungen deuten nämlich darauf hin, dass es keine Rohstoffe unter oder um die Insel gibt.

Die Hans-Insel habe eher symbolischen Wert, sagt Jeppe Strandsbjerg vom Zentrum für Außen- und Sicherheitspolitik der Universität Nuuk und vom Zentrum für arktische Sicherheitsstudien bei der Verteidigungsakademie, dem Sender DR. "Die Insel ist oft als etwas Lachhaftes hervorgehoben worden, weil wir uns nicht um diesen Felsen einigen konnten."

Strandsbjerg sieht aber, wie der dänische Außenminister Kofod, in dem Abkommen ein Signal, dass es durchaus möglich ist, Grenzstreitigkeiten friedlich zu lösen.

Klimawandel könnte den Konflikt neu anheizen

Doch mit dem Klimawandel könnte es passieren, dass Rohstoffe wie Öl und Gas dennoch freigelegt werden. Und da könnte der nächste Konflikt drohen, wie "Berlingske" schreibt. Dänemark könnte dann erneut Kanada mit Forderungen nach dem Recht auf Schelf und Meeresboden gegenüberstehen. Und dann wäre da noch Russland, das ebenfalls großes Interesse an dem Gebiet hat.

Fürs erste sind die Unstimmigkeiten zwischen Dänemark und Kanada aber beigelegt. Beide Länder müssen das Abkommen noch ratifizieren; in Dänemark etwa muss das Parlament noch zustimmen. Wenn das durch ist, können die Vertreter beider Länder mit Whisky respektive dänischem Schnaps das Ende des Hans-Konflikts besiegeln.

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