Hintergrund zu Beitrittsverhandlungen Island auf dem Weg in die EU

Die Europäische Union hat mit Island die Verhandlungen für einen Beitritt der Nordatlantikinsel zum Staatenbündnis begonnen. Ein allgemeiner Hintergrund zum Ablauf des EU-Beitrittsverfahren.

Jeder europäische Staat kann die Aufnahme in die EU beantragen. Seit der Gründung 1956 ist das Staatenbündnis von sechs auf 27 Mitglieder gewachsen. Deutschland ist Gründungsmitglied. Der Beitritt erfolgt in mehreren Etappen.

Politische Voraussetzung ist die Erfüllung der "Kopenhagener Kriterien". Sie wurden 1993 vor allem mit Blick auf die früheren Ostblock-Staaten beschlossen. Es geht vor allem um stabile Institutionen, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, eine funktionierende Marktwirtschaft und die Fähigkeit, auch die wirtschafts- und währungspolitischen Ziele der Union umzusetzen.

Nach der ersten Prüfung durch die EU-Kommission entscheidet der EU-Ministerrat einstimmig über ein Verhandlungsmandat. Die Kommission prüft dann, wo das nationale Recht an das bestehende EU-Recht (den sogenannten Besitzstand/"Acquis") angepasst werden muss. Die Verhandlungen werden in 35 Bereichen ("Kapiteln") wie Umwelt oder Energie geführt - und zwar als Regierungskonferenz, also gleichzeitig mit jeder einzelnen der 27 Regierungen.

Jedes "Kapitel" wird einstimmig "geöffnet" und "geschlossen". Jede Regierung hat somit zahlreiche Vetomöglichkeiten. Sind alle Bereiche ausgehandelt, wird der Beitrittsvertrag unterzeichnet und in den Staaten ratifiziert.

Derzeit gehören die Balkanstaaten Albanien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Serbien und Kosovo zu den "potenziellen Kandidaten". Die frühere jugoslawische Republik Mazedonien, Kroatien, Island und die Türkei sind "Kandidatenländer", weil für sie bereits die Aufnahme von Verhandlungen beschlossen wurde. Im Fall Mazedoniens laufen wegen des Namensstreits mit Griechenland aber noch keine Verhandlungen. Einem Beitritt am nächsten sind Island und Kroatien.

ISLAND mit 320 000 Einwohnern ist seit 1973 der EU durch das Freihandelsabkommen EFTA verbunden und seit 1994 Teil des Europäischen Wirtschaftsraumes. Seit 2000 gehört es zum visafreien Schengen-Raum. Trotz der Nähe gibt es Streit, etwa in der Fischerei.

Die TÜRKEI dürfte laut Beobachtern erst in zehn bis 15 Jahren beitreten. Das Land ist Mitglied der NATO, des Europarats und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und bewarb sich bereits 1959 für die EU-Mitgliedschaft. Die im Oktober 2005 begonnenen Verhandlungen sind blockiert, vor allem von Zypern und Frankreich. Während vertragliches Ziel die Vollmitgliedschaft ist, präferieren eine Reihe zumeist konservativer Politiker die "privilegierte Partnerschaft", was die Türkei ablehnt und im EU-Recht auch nicht vorgesehen ist.

KROATIEN, eine ehemalige jugoslawische Teilrepublik, führt seit Oktober 2005 Verhandlungen. Der Beitrittsprozess ist der am weitesten vorangeschrittene. Eigentlich wollte Zagreb in diesem Jahr beitreten. Ein Grenzstreit mit Slowenien hatte den Prozess verzögert. Jetzt ist eine Unterzeichnung der Verträge im ersten Halbjahr 2011 anvisiert.

Die "ehemalige jugoslawische Republik MAZEDONIEN" ist seit Dezember 2005 Kandidatenland und eigentlich auch schon weit vorangeschritten. Aber auch für Skopje erschwert ein bilateraler Streit mit einem Nachbarland den Beitritt: Griechenland will nicht, dass das Land den Namen Mazedonien nutzt. Athen behauptet, dies dürfe aus historischen Gründen nur die entsprechende nordgriechische Provinz.

DPA
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