Sie kamen in Rollstühlen, mit Krücken, viele aber auch aufrecht mit sicherem Gang: Mehr als 2000 Überlebende des Holocaust haben sich fast 60 Jahre nach ihrer Befreiung in Washington zu dem "letzten großen Begegnung der Survivor" getroffen. Organisiert wurde die Veranstaltung vom Holocaust-Museum in Washington aus Anlass des zehnten Jahrestags seiner Gründung.
Für den polnischen Auschwitz-Überlebenden, den heute 82-jährigen Irving Weinberg, und seine aus Mannheim stammende Frau Ilse Weinberg ist es eine Selbstverständlichkeit zu kommen. "Wir kommen immer wieder hier her, weil das Museum ein so wichtiger Ort der Begegnung ist, für den wir uns seit Jahren einsetzen", sagt Irving Weinberg. Das Ehepaar aus der Nähe von Chicago war bereits 1983 dabei, als der damalige Vize-Präsident George Bush - der Vater des heutigen Präsidenten - Vertreter der Überlebenden über das zukünftige Gelände des Museums führte. Zehn Jahre später zur Eröffnung des Museums war das Paar wieder aus Chicago angereist.
Eine der "letzten Gelegenheiten" für gemeinsamen Erinnerungsaustausch
Im Vergleich zu den Vorjahren sind es weniger geworden. Während 1983 noch fast 10 000 Überlebende kamen, sind es diesmal "nur" 2000. Das Holocaust-Museum bezeichnete die Veranstaltung deshalb auch als eine der "letzten Gelegenheiten" für die Überlebenden und für die Vertreter der Kriegsgeneration in einem solch großen Rahmen gemeinsam ihre Erinnerungen auszutauschen und sie an die jüngere Generation weiter zu geben.
"Wir sind gesegnet, dass wir die einzigartige Gelegenheit haben, fast 60 Jahre nach unserer Befreiung hier zusammenzukommen", sagte der Direktor einer amerikanischen Vereinigung von Holocaust- Überlebenden, Benjamin Meed. Er gehört zusammen mit dem Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel zu den größten Unterstützern des Museums im Herzen der amerikanischen Hauptstadt.
Auch für die aus Schwaben stammende 68-jährige Inge Auerbacher ist der Kontakt wichtig. Sie war als junges Mädchen in das Konzentrationslager Theresienstadt verschleppt worden und hatte ihr Leiden später in dem Buch "Ich bin ein Stern" geschildert. "Man fühlt sich den Menschen verbunden, mit denen man gelitten hast, und man fühlt sich fast so, als ob man all die Menschen vertreten muss, die nicht hier sind."
Beeindruckende Bilanz von 20 Millionen Besuchern
Im April 1993 war das Museum nach jahrelanger Planung eröffnet worden. Nicht wenige hatten an einem Erfolg gezweifelt. Sie glaubten, der düstere Charakter der Ausstellungen werde inmitten der reichen Museumslandschaft in Washington kaum Besucher anlocken. Doch das Museum kann auf eine beeindruckende Bilanz verweisen: 20 Millionen Besucher kamen und sahen die Ausstellungen, darunter mehr als 2 Millionen ausländische Besucher.
Zu der Authentizität des Museums trägt die massive Unterstützung der Überlebenden bei. Viele spendeten großzügig für den Bau und für den Erhalt des Museums. Andere halfen bei der Umsetzung der Ausstellungen oder stifteten ihre persönlichen Erinnerungsstücke. Und 68 Überlebende arbeiten als Freiwillige in dem Museum. An diesem Wochenende war es für viele Überlebende besonders wichtig, Kontakt mit Anderen aufzunehmen, mit denen sie gelitten hatten. Das Museum stellte dafür eine Nachrichtenwand in dem großen "Survivor-Zelt" auf. Hier konnten Überlebende nach Mitleidenden suchen, die mit ihnen in den Lagern waren.