Die weltweit steigenden Nahrungsmittelpreise verschärfen nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds die Gefahr von Hungerkrisen in vielen Entwicklungsländern. "Hunderttausende Menschen werden darben und Kinder werden ihr Leben lang unter Mangelernährung leiden", sagte IWF-Direktor Dominique Strauss-Kahn beim Frühjahrstreffen der Weltfinanzorganisationen in Washington.
Die deutsche Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul rief in Washington zu einer Regulierung des weltweiten Marktes für Biokraftstoffe auf, damit deren Produktion die Nahrungsmittelpreise nicht weiter hochtreibe. "Es ist nicht zu akzeptieren, wenn der Export von Agrokraftstoffen die Versorgungslage gerade derjenigen Menschen bedroht, die ohnehin schon in Armut leben", erklärte Wieczorek-Zeul, die in Washington an den Beratungen der Weltbank teilnimmt. Die Welt brauche neue Regeln, um die Bewältigung des Klimawandels, eine sichere Versorgung mit Nahrungsmittel und soziale Entwicklung in Einklang zu bringen.
Scharfer Anstieg der Nahrungsmittelpreise
Der Interimsausschuss des Internationalen Währungsfonds (IWF) wies in einer Abschlusserklärung seiner Beratungen darauf hin, "dass eine Vielzahl von Entwicklungsländern, besonders die mit niedrigem Einkommen, mit einem scharfen Anstieg der Nahrungsmittel- und Energiepreise konfrontiert sind". Das Gremium rief den IWF zu einer engen Zusammenarbeit mit der Weltbank und anderen Organisationen auf, die Entwicklungsländer mit Krediten unterstützen.
Unterdessen dauern die gewaltsamen Proteste gegen steigende Nahrungsmittelpreise in Haiti weiter an. In der Hauptstadt Port-au-Prince wurde am Samstag ein nigerianischer Polizist der Vereinten Nationen erschossen, der Lebensmittel zu seiner Einheit bringen wollte. Andere UN-Polizisten setzten Tränengas ein und trieben die Menge mit Warnschüssen davon, um den Toten zu bergen. Der Zwischenfall ereignete sich auf einem Kleidermarkt in der Nähe der Kathedrale von Port-au-Prince. Die aufgebrachte Menge setzte mehrere Marktstände in Brand.
Fünf Tote bei Hungerunruhen
Wegen der angespannten Lage beschloss das haitianische Parlament am Samstag, Ministerpräsident Jacques Edouard Alexis zu entlassen. Präsident Réne Préval kündigte an, möglichst schnell einen Nachfolger zu berufen. Der Präsident stellte außerdem einen Plan vor, um die Preise für Reis zu senken. Er werde internationale Finanzhilfen dazu verwenden, den Reispreis zu subventionieren, sagte Préval. Bei den Hungerunruhen kamen in der vergangenen Woche fünf Menschen ums Leben. Seit Mitte vergangenen Jahres sind die Nahrungsmittelpreise weltweit um etwa 40 Prozent gestiegen. Haiti deckt nahezu den gesamten Nahrungsmittelbedarf auf dem Weltmarkt und ist deswegen besonders betroffen.