Die neue irakische Regierung hat der Gewalt in dem von einem Aufstand erschütterten Golfstaat den Kampf angesagt. Ministerpräsident Nuri al-Maliki kündigte nach der ersten Kabinettssitzung an, das Gewaltmonopol des Staates wiederherzustellen. Noch am selben Tag kamen mindestens 19 Menschen bei Anschlägen ums Leben. Das Kabinett war am Samstag vereidigt worden, nachdem sich die Regierungsbildung wegen des Postengeschachers zwischen den einzelnen Volksgruppen monatelang hingezogen hatte. Der Streit zwischen Schiiten, Sunniten und Kurden verhinderte aber auch weiterhin die Besetzung von zwei Schlüsselposten. US-Präsident George W. Bush lobte die Regierungsbildung als "Anbeginn eines neuen Tages".
Drohender Bürgerkrieg
"Wir werden mit größter Härte gegen den Terrorismus vorgehen", sagte Al-Maliki. "Waffen sollten nur in Händen der Regierung liegen. Milizen, Todesschwadronen, Tötungen und Attentate sind nicht normal", ergänzte er. Besonders gegen die Milizen müsse vorgegangen werden. Der Posten des Innenministers, der die Polizei kontrolliert, und des Verteidigungsministers blieben jedoch noch unbesetzt. Die Minister sollten in den kommenden zwei bis drei Tagen ernannt werden, sagte Al-Maliki.
Neben einem überwiegend von Sunniten getragenen Aufstand gegen die US-geführten Besatzungstruppen wird der Irak auch von Gewalt zwischen den Volks- und Religionsgruppen erschüttert. Dieser Konflikt droht, sich zu einem Bürgerkrieg zu entwickeln. Milizen mit Verbindungen zu politischen Parteien haben zehntausende Kämpfer unter Waffen. Die Bildung der ersten für eine reguläre Legislaturperiode gewählten Regierung seit dem Sturz des Machthabers Saddam Hussein im Jahr 2003 gilt als Meilenstein auf dem Weg zur Stabilisierung des Landes.
Zahlreiche Herausforderungen für Al-Maliki
Auch am Sonntag kam es in Bagdad zu neuer Gewalt. Das schwerste Attentat ereignete sich im Stadtzentrum in einem gut besuchten Restaurant, das vor allem bei Polizisten beliebt ist. Mindestens 13 Menschen starben. Zuvor war ein Sprengsatz im Geschäftsviertel detoniert. Drei Menschen starben. Ebenfalls drei Menschen kamen ums Leben, als im vornehmlich von Schiiten bewohnten Stadtteil Schula eine Autobombe explodierte.
Die neue irakische Regierung sieht sich neben der Gewalt mit weiteren Herausforderungen konfrontiert. In den vergangenen 25 Jahren haben drei Kriege, internationale Sanktionen und Sabotage-Akte der Wirtschaft des Landes schwer zugesetzt. Der Irak verfügt über die drittgrößten Öl-Vorräte der Welt, aber die Anschläge, Schmuggel und Korruption beschränken den Export. Dies ist jedoch die wichtigste Einnahmequelle des Staates. Der Irak will versuchen, die Infrastruktur der Öl-Industrie soweit herzustellen, dass die Produktionsraten von vor dem Irak-Krieg wieder erreicht werden. Auch allgemeine Dienste wie Strom, Trinkwasser und Abwasser sind nur eingeschränkt verfügbar. Das Parlament steht auch unter Zeitdruck: Innerhalb von sechs Monaten müssen Regeln ausgearbeitet werden, wie die 18 Provinzen sich zu autonomen Bundesgebieten zusammenfügen können.
Die USA zeigten sich trotzdem vorsichtig optimistisch. Mit den jüngsten politischen Veränderungen dürften sich die Bedingungen in die richtige Richtung entwickeln, sagte der US-Botschafter Zalmay Khalilzad: "Wir werden uns in die Richtung bewegen, dass wir unsere Truppenstärke verringern können." Präsident Bush gratulierte dem irakischen Präsidenten sowie dem Ministerpräsidenten telefonisch. "Ich habe ihnen versichert, dass die Vereinigten Staaten die Iraker weiterhin bei dem Aufbau eines freien Landes unterstützen werden. Denn ich weiß, dass ein freier Irak ein wichtiger Verbündeter im Kampf gegen den Terror sein, für die Terroristen und Al-Kaida eine vernichtende Niederlage darstellen und anderen in der Region als Vorbild dienen wird", sagt Bush. Für Aussagen über eine mögliche Reduzierung der US-Truppen im Land sei es jedoch noch zu früh, erklärte US-Außenministerin Condoleezza Rice. Befehlshaber des US-Militärs würden sich in den kommenden Wochen mit der irakischen Regierung treffen, um auch über diesen Punkt zu sprechen. Die USA haben etwa 130.000 US-Soldaten im Irak stationiert. Bush steht unter Druck, die Zahl deutlich zu verringern.