Nach Israel-Wahl Mit Netanjahu wird Frieden im Nahen Osten unmöglich

Es wird wohl nichts mit dem von vielen erhofften Regierungswechsel in Israel. Ob Benjamin Netanjahu das Land führen wird, ist so sicher aber nicht. So geht es weiter - Fragen und Antworten zur Wahl.

Wie genau hat Israel gewählt?

Israel hat rechts gewählt. Die Hoffnung der linken Kräfte im Land, getrieben durch die guten Umfragewerte, wurde zerschlagen. Und damit auch ihre Ambitionen auf einen Machtwechsel. Stattdessen wird Amtsinhaber Benjamin Netanjahu wohl seine vierte Amtszeit antreten. Der hatte zuletzt mit harschen Worten gegen Palästinenser und den Friedenprozess gewettert - erfolgreich: Seine konservative Likud-Partei wurde mit 30 Sitzen in der Knesset, dem Parlament, stärkste Kraft. Das "Zionistische Lager" von Herausforderer Izchak Herzog kommt auf 24 Mandate. Die acht weiteren Parteien teilen sich die restlichen Sitze, darunter auch die teilweise sehr konservativen Bündnisse von Siedlerpartei, die Ultra-Orthodoxen sowie Israel Beitenu, die Partei des umstrittenen Außenministers Avigdor Lieberman.

Wer wird das Land künftig regieren?

Das ist die große Frage, denn jede Partei ist auf Koalitionspartner angewiesen. Netanjahu als Gewinner wird mit der Regierungsbildung beauftragt, braucht dazu aber 31 ihm geneigte Abgeordnete. Als natürliche Partner kämen die der Siedlerpartei, der rechten Israel Beitenu und die der beiden ultraorthodoxen-Parteien in Frage. Mit deren Vertretern hat der Regierungschef bereits gesprochen, allerdings wird das nicht für die Mehrheit reichen. Fraglich ist, ob die Mitteparteien Zukunftspartei und Kulanu für eine Koalition zur Verfügung stehen werden. Letztere wurde erst vor kurzem von einem ehemaligen Vertrauten Netanjahus gegründet. Eine große Koalition wurde bislang von Netanjahu kategorisch ausgeschlossen. Aber selbst wenn er es sich nun anders überlegen sollte, hätte dieser Block immer noch nicht genügend Stimmen und wäre auf einen weiteren Partner angewiesen. Fazit: Vermutlich bleibt Netanjahu im Amt. Mit wessen Hilfe oder für wie lange - noch nicht absehbar

Was bedeutet der Wahlausgang für Israel?

Für den Fall, dass der bisherige Regierungschef seine Amtsgeschäfte weiterführt, wird sich in Israel nicht sehr viel ändern - sehr zum Verdruss großer Teile der Bevölkerung, die unter den stark steigenden Preisen leiden. Netanjahu wird zudem das Thema Sicherheit forcieren. Das heißt, der umstrittene Siedlungsbau wird weiter gehen, was wiederum die konservativen bis rechten Israelis freuen dürfte. International aber wird das Land wohl weiter isoliert dastehen - Netanjahu hatte durch seine harte Haltung gegenüber den Palästinensern und Iranern zuletzt viele Verbündete wie die USA brüskiert. Auch die Europäer gehen auf Distanz zu dem Hardliner.

Was bedeutet der Wahlausgang für die Region?

Die angespannte Lage im Nahen Osten wird sich kaum verändern. Benjamin Netanjahu hatte im Wahlkampf eine Zwei-Staaten-Lösung kategorisch ausgeschlossen und damit die Tür zu Friedensverhandlungen mit den Palästinensern zugeschlagen. Deren Vertreter waren nach der Wahl entsprechend ungehalten. Auch im Konflikt mit dem Iran verfolgt Netanjahu eine kompromisslose Linie, die ein wie immer geartetes Abkommen aussichtslos erscheinen lässt.

Wie lauten die ersten Reaktionen?

Verhalten, gelinde gesagt. Der Erzfeind Iran ließ verlauten, dass es egal sei, wer in Jerusalem regiere, weil "alle Parteien Aggressoren" seien. Der ranghohe Palästinenservertreter Jasser Abed Rabbo warf den israelischen Wählern vor, sich für "Besatzung und Rassismus" entschieden zu haben. Der ehemalige Botschafter Israels in Deutschland, Avi Primor, äußerte die Befürchtung, eine Regierung Netanjahu würde durch die Siedlungspolitik das Westjordanland annektieren. Aus der deutschen Politik hieß es von Seiten der SPD, eine Friedenslösung im Nahen Osten sei nicht mehr erreichbar, wie etwa Niels Annen sagte. Die italienische Zeitung "Corriere della Sera": "In Israel ist es schwer zu sagen, wer wirklich gewonnen hat. Zu viele Unterschiede, zu viel Widerrede, zu viel Gift und Misstrauen. Die letzten Schachzüge des bisherigen Premiers zeugen von internationaler politischer Isolation."

Niels Kruse