Hamas-Geiseln Diese vier Deutschen sind nun endlich in Freiheit

Mutter Doron Asher mit ihren beiden sich umarmenden Töchtern Raz und Aviv, 4, und 3. Daneben die 77 Jahre alte Margalit Moses
Nach 48 Tagen Hamas-Gefangenschaft wieder in Freiheit: Die deutsch-israelischen Geiseln Doron Asher, ihre beiden Kinder Raz und Aviv (l.) sowie die 77-jährige Margalit Moses
© Stern-Montage; Fotos: privat
Unter den am Freitag freigelassenen Geiseln der Hamas befinden sich nach stern-Informationen auch vier Deutsche: Eine Mutter mit ihren beiden Kindern sowie eine schwerkranke Frau. Doch sie mussten auch geliebte Menschen zurücklassen.   

Die Krankenhäuser haben sich gut vorbereitet auf ihre neuen Patienten. Sie haben ganze Trakte für sie leergeräumt und abgesperrt, Willkommensschilder und Israelflaggen aufgestellt, Spielecken aufgebaut. 13 israelische Geiseln sind an diesem Freitagnachmittag der Hölle von Gaza entkommen. Es ist das erste Kapitel eines Austauschdeals zwischen der israelischen Regierung und der Hamas: 13 Geiseln für dreimal so viele palästinensische Gefangene. So lautet die Abmachung. Zusätzlich konnten dank einer separaten Vereinbarung unter Vermittlung Katars und Ägyptens zehn thailändische sowie ein philippinischer Staatsbürger Gaza verlassen. Unter den israelischen Geiseln befinden sich auch vier mit deutschem Pass: eine Mutter und ihre beiden Kleinkinder sowie eine schwerkranke ältere Frau. Dies bestätigte am Abend eine Sprecherin der Geiselfamilien dem stern.

In welchem Zustand sie per Militärhubschrauber zurück in die Freiheit geflogen werden, ist nicht bekannt. Doch man will sich nicht ausmalen, was sie in den vergangenen 48 Tagen in den Fängen der Terroristen durchleben mussten. Nicht, wenn man das letzte Video kennt, das Doron Asher, 34, und ihre Töchter Raz, 4, und Aviv, 3, zum bis dato letzten Mal lebend zeigte: Darauf sieht man eine Frau, der ein Hamas-Terrorist auf der Ladefläche eines Pick-ups eine Art Augenbinde überstülpen will. Unter Allahu-Akbar-Rufen hält sie sich schützend die Hände vors Gesicht. Daneben, verängstigt und eng umschlungen, ihre beiden Kinder. 

Ein Familienmitglied ist tot, eines noch immer in den Tiefen Gazas versteckt

Mit ihnen hatte Asher am 7. Oktober, dem Tag des Laubhüttenfests, ihre Mutter in Nir Oz besucht. Ein kleiner Kibbuz in Sichtweite des Gazastreifens, berühmt für seine Granatapfelhaine. Als die Hamas dort einfiel, verbarrikadierte die Familie sich im Schutzraum des Hauses. Asher rief noch ihren Mann Yoni an. Dann brach die Verbindung ab. Über ihr Google-Konto trackte Yoni Asher das Mobiltelefon seiner Frau kurz darauf in Chan Junis, im Süden des Gazastreifens. Mitte Oktober, bei einem Treffen der Geiselfamilien mit Bundeskanzler Olaf Scholz in Tel Aviv, sagte er: "Ich bin ein Vater ohne Familie. Meine ganze Welt wurde mir weggenommen."

Nun hat er seine Familie wieder. Zumindest einen Teil. Denn zwei Mitglieder werden nicht zurückkommen: Efrat, Dorons 68-jährige Mutter, die Oma der beiden Kinder, fanden israelische Militärs später tot in Nir Oz. Ihr Lebensgefährte Gadi, der am 7. Oktober freiwillig aus dem Schutzraum gekommen war, um mit den Terroristen zu verhandeln, befindet sich wohl noch immer in den Tiefen Gazas, in der Gewalt der Hamas. 

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Gadis Ex-Frau Margalit Moses, 77, hingegen ist nun wieder zurück. Ihr Vater war 1933 aus Nazi-Deutschland nach Israel geflohen. Zeit ihres Lebens sei die überzeugte Linke immer wieder in Palästinensergebiete gefahren, um dort Bauern zu beraten und ihnen zu helfen, erzählte ihr Bruder dem Redaktionsnetzwerk Deutschland kurz nach ihrer Geiselnahme. Auch sie ist auf einem Video des 7. Oktobers zu sehen, als Beifahrerin eines Terroristen, die rechte Hand an einen Gehstock geklammert. Moses ist nicht mehr gut auf den Beinen. Sie leidet an Krebs und Diabetes, benötigt dringend Medikamente. Wohl auch deshalb zählt sie nun zu den ersten Freigelassenen der insgesamt gut 240 Geiseln. 

Nun wird sie in eine Welt geflogen, die wenig gemein hat mit dem ruhigen, grünen Leben glücklicher Tage im Kibbuz Nir Oz – man erwartet sie in einem von sechs ausgewählten Krankenhäusern, abgeschirmt von der Öffentlichkeit. Nur Familien, Sicherheitskräfte und das medizinische Personal sollen Zugang erhalten. Drei der Kliniken haben große Traumazentren, eines ist auf Opfer sexueller Gewalt spezialisiert, eines auf Kindermedizin. Teams von Gynäkologinnen, Kinderärzten, Gerichtsmedizinern und Psychologinnen stehen bereit. 24 Geiseln sind in Freiheit. Doch bis sie ihr normales Leben zurückhaben, wird viel Zeit vergehen.