Nach kurzer Hoffnung auf Frieden ist nur eine Woche nach dem Gipfel von Akaba die Gewalt im Nahen Osten erneut eskaliert: In Jerusalem sprengte sich am Mittwoch ein als orthodoxer Jude verkleideter Palästinenser in einem voll besetzten Linienbus in die Luft. Er riss mindestens 16 Israelis mit in den Tod. 80 Passagiere erlitten bei dem Selbstmordanschlag zum Teil schwere Verletzungen. Zu dem Blutbad bekannte sich der bewaffnete Hamas-Arm. Wenig später kamen bei einem gezielten israelischen Raketenangriff auf einen Hamas-Führer in Gaza acht Palästinenser ums Leben. Am frühen Donnerstagmorgen töteten israelische Kampfhubschrauber in der Stadt Gaza bei einem neuen Raketenangriff zwei Palästinenser.
Israel: "Kampf gegen den Terror" mit "allen Mitteln"
Der israelische Verteidigungsminister Schaul Mofas kündigte am Mittwochabend an, die Armee werde "mit allen Mitteln" gegen die radikal-islamische Hamas-Bewegung vorgehen. Die israelische Nachrichtenagentur "y-net" meldete, Mofas habe während einer Dringlichkeitssitzung im Verteidigungsministerium in Tel Aviv eine Verschärfung der üblichen Mittel im "Kampf gegen den Terror" angeordnet. Die Armee müsse die gezielten Liquidierungen und Festnahmen noch weiter intensivieren. Es sei jedoch keine Großoffensive in den Palästinensergebieten wie im Frühjahr vergangenen Jahres vorgesehen, betonte Mofas. Gleichzeitig sprach sich der Minister dafür aus, weiter die Verwirklichung des internationalen Friedensplans und die Fortsetzung der Kontakte mit der Regierung Mahmud Abbas anzustreben.
US-Präsident Bush:
"Ich rufe alle, die Frieden im Nahen Osten sehen wollen, dringend auf, den Terror zu bekämpfen, Organisationen wie Hamas den Geldhahn zuzudrehen, und diejenigen zu isolieren, die so sehr hassen, dass sie bereit sind, Menschen zu töten, um den Friedensprozess zu stoppen."
Bus wurde förmlich zerrissen
Ein Augenzeuge berichtete nach dem Blutbad in Jerusalem, der Bus sei "von der Wucht der Explosion förmlich zerrissen worden". Der Jerusalemer Polizeichef Micki Levy sprach von einem besonders großen Sprengsatz. Nach palästinensischen Angaben handelt es sich bei dem Attentäter um einen Hamas-Aktivisten aus Hebron. Kurz nach dem Anschlag im abendlichen Berufsverkehr in Jerusalem feuerten israelische Kampfhubschrauber in der Stadt Gaza Raketen auf das Fahrzeug des führenden Hamas-Aktivisten Massud Titi, der dabei ums Leben kam. Ein weiterer Insasse und sechs Passanten, darunter zwei Frauen, wurden dabei ebenfalls getötet.
Bush: Diejenigen isolieren, die bereit sind zu töten
US-Präsident George W. Bush forderte die am Nahost-Friedensprozess Beteiligten auf, alles zu tun, um derartige Anschläge in Zukunft zu verhindern. "Ich rufe alle, die Frieden im Nahen Osten sehen wollen, dringend auf, den Terror zu bekämpfen, Organisationen wie Hamas den Geldhahn zuzudrehen, und diejenigen zu isolieren, die so sehr hassen, dass sie bereit sind, Menschen zu töten, um den Friedensprozess zu stoppen."
Arafat fordert zum Gewaltverzicht auf
Die israelische Regierung reagierte mit großer Empörung auf den neuen Anschlag. Er betonte seine "tiefe Verpflichtung, jeden Versuch zu unternehmen, um den Friedensprozess voranzutreiben, der hoffentlich Ruhe und Frieden bringen wird". Ministerpräsident Ariel Scharon sagte, Israel werde "die Terrororganisationen und ihre Führer mit aller Härte verfolgen". Er werde "alles tun, um die Sicherheit der Bürger Israels zu gewährleisten".
Palästinenserpräsident Jassir Arafat rief eindringlich zu einem sofortigen Stopp der neuen Welle der Gewalt auf. In Ramallah forderte Arafat alle palästinensischen Fraktionen dazu auf, alle Anschläge und Überfälle auf Israelis zu unterlassen. Der palästinensische Ministerpräsident Mahmud Abbas sagte, er strebe ungeachtet des neuen Gewaltausbruchs im Nahen Osten eine Umsetzung des internationalen Friedensplans an.
Scharon und Abbas: Weg zum Frieden mit Handschlag besiegelt
US-Außenminister Colin Powell und UN-Generalsekretär Kofi Annan appellierten an die Konfliktparteien, sich trotz des jüngsten Anschlags in Jerusalem weiter für eine Friedenslösung einzusetzen. "Dies ist der Zeitpunkt, standhaft zu bleiben und den Friedensweg fortzusetzen", sagte Powell nach einem Gespräch mit Annan in Washington. Scharon und Abbas hatten beim Nahostgipfel im jordanischen Badeort Akaba die gemeinsame Friedenssuche nach dem so genannten Nahost-Fahrplan mit einem Handschlag besiegelt.
Frankreich nannte Anschlag in Jerusalem einen "Akt der Barbarei" und mahnte, die Friedenshoffnung dürfe nicht zunichte gemacht werden. Auch der britische Außenminister Jack Straw rief dazu auf, alles zu tun, um weiteres Blutvergießen zu verhindern.