Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert will sein Amt in sieben Wochen nach Vorwahlen seiner Kadima-Partei niederlegen. Angesichts schwerer Korruptionsvorwürfe sagte Olmert zu Journalisten in Jerusalem, er werde bei den Kadima-Wahlen am 17. September nicht kandidieren. Nach der Wahl eines neuen Parteivorsitzenden werde er als Ministerpräsident zurücktreten, um seinem Nachfolger die Bildung einer neuen Regierung ermöglichen. Sollte der neue Parteivorsitzende nicht in der Lage sein, eine neue Regierung zu bilden, werden Neuwahlen notwendig. Die oppositionelle Likud-Partei von Benjamin Netanjahu erklärte, Olmerts Rückzug mache vorgezogene Parlamentswahlen unumgänglich. "Es ist gleichgültig, wer an der Spitze von Kadima steht, alle sind Partner in der Regierung, die bei der Verwaltung des Staates vollkommen gescheitert ist", hieß es in einer Stellungnahme der Partei.
Als Grund für seine Entscheidung nannte Olmert die "unaufhörlichen Angriffe auf meine Person". Olmert steht unter anderem im Verdacht, innerhalb von 15 Jahren rund 150.000 Dollar vom US-Spendensammler Morris Mosche Talansky angenommen zu haben. Gegen den Regierungschef, der seit 2006 im Amt ist, wird auch wegen Spesenbetrugs in großem Umfang ermittelt.
"Nicht über dem Gesetz, aber auch nicht darunter"
Olmert, der Kadima als Nachfolger des weiterhin im Koma liegenden früheren Ministerpräsidenten Ariel Scharon im März 2006 zum Wahlsieg geführt hatte, beteuerte weiterhin seine Unschuld. "Ich habe umfassende und befriedigende Antworten auf alle Vorwürfe", sagte Olmert, der sichtlich um Fassung rang. Der Ministerpräsident in Israel stehe "nicht über dem Gesetz, aber auch nicht unter dem Gesetz".
Kadima hatte am Dienstag den 17. September als Termin für die partei-internen Vorwahlen festgelegt. Sollte eine Stichwahl notwendig sein, wird sie am 24. September abgehalten. Als Kandidaten für den Vorsitz gelten Außenministerin Zipi Liwni, Transportminister Schaul Mofas, Polizeiminister Avi Dichter und Innenminister Meir Schitrit.
Liwni, Olmerts größte Rivalin innerhalb der Kadima-Partei, hatte am Dienstag erklärt, sie werde die Wahl gewinnen und rechne nicht mit einer Kandidatur Olmerts. Olmerts größter Koalitionspartner, die Arbeitspartei von Verteidigungsminister Ehud Barak, hatte ihn gezwungen, grünes Licht für die Kadima-Neuwahlen zu geben.
"Schmutzkampagne gegen mich"
Olmert sagte vor den Journalisten in Jerusalem, seit seinem Amtsantritt habe es unaufhörlich Versuche gegeben, ihn aus dem Amt zu drängen. "Die Schmutzkampagne, die gegen mich geführt wird, wirft eine Frage auf, der ich nicht länger ausweichen kann und will - was ist wichtiger, meine private Gerechtigkeit oder das öffentliche Wohl", sagte Olmert. Solange er im Amt bleibe, wolle er die Friedensverhandlungen mit den Palästinensern und Syrien weiterführen, betonte Olmert. "Wir sind näher denn je an Vereinbarungen, die als Basis für Friedensabkommen dienen können."
Friedensprozess soll weitergehen
Die USA und die Palästinenser sehen in dem angekündigten Rücktritt keine Gefahr für die Nahost-Friedensgespräche. Die USA erklärten, sie hielten am Ziel einer Friedensvereinbarung noch 2008 fest. Israels Verteidigungsminister Ehud Barak sagte in New York, sein Land werde tun was es könne, um den Friedensprozess mit den Palästinensern voranzubringen. Der palästinensische Unterhändler Saeb Erekat erklärte, die Verhandlungen würden trotz Olmerts Ankündigung fortgeführt.
Syrien schließt indes nicht aus, dass die Friedensgespräche mit Israel durch Olmerts Schritt belastet werden könnten. "Das könnte passieren. Ich hoffe aber, dass es nicht passiert", sagte Syriens Botschafter bei den Vereinten Nationen, Baschar Ja’afari, in New York auf Anfrage. Im Zentrum der Gespräche stehen die 1967 von Israel eroberten Golanhöhen, deren vollständige Rückgabe Syrien fordert. Israel verlangt im Gegenzug von Syrien die Lockerung seiner Bindungen zum Iran, zur palästinensischen Hamas und zur Hisbollah-Bewegung im Libanon.