Nach dem Anschlag auf eine Synagoge im Westteil Jerusalems hat der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu die von ihm angekündigte Politik der harten Hand gegen Palästinenser wahr gemacht. In einer Vergeltungsaktion zerstörten israelische Soldaten und Polizisten am Mittwoch erstmals seit fünf Jahren das Haus eines Palästinensers in Ostjerusalem. Das Auswärtige Amt in Berlin verschärfte seine Reisehinweise für Israel.
Das Haus des Palästinensers im Stadtteil Silwan in Ostjerusalem sei in der Nacht zerstört worden, teilte die Armee am Mittwochmorgen mit. Der 21-jährige Palästinenser Abdelrahman Schaludi war am 22. Oktober in Westjerusalem mit seinem Auto in eine Fußgängergruppe gerast. Dabei waren eine junge Frau aus Ecuador und ein Baby ums Leben gekommen. Die israelischen Sicherheitsbehörden werteten den Vorfall als Attentat. Die israelische Polizei hatte den 21-Jährigen unmittelbar danach erschossen.
Kritik an Häuserzerstörungen
Vom Haus der Familie war am Morgen nur noch ein Gerippe übrig, das israelische Sprengkommando brachte alle Außen- und Innenwände zum Einsturz. Aus den Trümmern ragten einige Betonpfeiler hervor, ein herabgestürzter Betonklotz zertrümmerte ein parkendes Auto. Die Familie floh aus ihrem vierstöckigen Haus vor der nächtlichen Sprengung und kam provisorisch bei Angehörigen unter. "Wo sollen wir hin? Uns bleibt nichts mehr, kein Haus, gar nichts", sagt Schaludis jüngere Schwester Nibras.
Am Dienstagmorgen hatten zwei palästinensische Angreifer vier jüdische Gläubige während des Gebets in einer Synagoge im überwiegend von ultraorthodoxen Juden bewohnten Stadtteil Har Nof in Westjerusalem getötet. Bei den Opfern handelte es sich um drei US-Bürger und einen Briten, die jeweils auch die israelische Staatsbürgerschaft besaßen. Ein Polizist erlag später seinen Verletzungen, die er bei dem Anschlag erlitt. Israelische Polizisten erschossen die beiden Attentäter, die wie Schaludi aus dem von Israel besetzten und annektierten Ost-Jerusalem kamen.
Die israelische Menschenrechtsorganisation B'Tselem kritisierte die Häuserzerstörungen. Erste Opfer seien die Angehörigen: "Frauen, Kinder, alte Menschen, die nichts mit Attentaten zu tun haben und keiner Vergehen verdächtigt sind." Allein zwischen 2001 und 2005 wurden in den von Israel besetzten Palästinensergebieten nach amtlichen Angaben 664 Häuser zerstört.
Lage in Jerusalem hat sich verschlechtert
In Ost-Jerusalem wurden B'Tselem zufolge zuletzt im Jahr 2009 drei Häuser unbrauchbar gemacht oder zerstört. Laut Amnesty International verstößt die Zerstörung der Häuser gegen das Völkerrecht. Die Menschenrechtsorganisation warnte Israel davor, "auf den Rechten der Palästinenser herumzutrampeln".
Drei weitere Palästinenserfamilien in Ost-Jerusalem wurden bereits über die bevorstehende Zerstörung ihrer Häuser informiert. Es handelt sich um die Familie von Mohammed Dschaabis, der im August eine Baumaschine in einen Bus rammte, um die von Muatas Hidschasi, der Ende Oktober einen rechtsextremen jüdischen Aktivisten schwer verletzte, und um die von Ibrahim Akari, der Anfang November in eine Gruppe von Passanten raste und zwei Menschen tötete. Die israelische Polizei tötete die drei Palästinenser. Die Häuser der beiden Synagogen-Attentäter sollen ebenfalls zerstört werden.
In einer aktuellen Mitteilung des Auswärtigen Amtes heißt es unter Verweis auf den Anschlag vom Dienstag, die seit dem Sommer bereits angespannte Sicherheitslage in Jerusalem habe sich nochmals verschlechtert. Allen Deutschen in Israel oder den palästinensischen Gebieten werde geraten, sich auf der "Krisenvorsorgeliste" des Bundesaußenministeriums online zu registrieren. Bei Aufenthalten in Israel sei die Botschaft in Tel Aviv zuständig, bei Aufenthalten in den Palästinensergebieten die Auslandsvertretung in Ramallah.