Angesichts der heftigen Kämpfe zwischen der israelischen Armee und der islamistischen Hamas wächst die Sorge um die Menschen in den Krankenhäusern im Gazastreifen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) teilte am Sonntag mit, das größte Krankenhaus in dem Küstengebiet, die Al-Schifa-Klinik, sei nicht mehr funktionsfähig. Seit drei Tagen gebe es keinen Strom und kein Wasser mehr, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus. Die Lage vor Ort sei "schlimm und gefährlich".
Israel wirft der Hamas vor, ihr militärisches Hauptquartier in Tunneln unter dem Al-Schifa-Krankenhauskomplex errichtet zu haben. Peter Lerner, Sprecher der israelischen Armee, bezeichnete das Al-Schifa-Krankenhaus in einem ZDF-Interview am Sonntagabend als "absolut zentralen Mittelpunkt". Das Ausmaß der Hamas-Operation von dort sei "riesengroß", in und unter dem Krankenhaus und in ähnlichen Locations. "Wir pushen nach vorne, aber wir haben einen freien Zugang gelassen, den östlichen Ausgang", betonte Lerner. Dort könnten die Menschen die Klinik verlassen – Tausende hätten dies schon getan.
Aus Sicht des Sprechers sei die Lage um das Al-Schifa-Krankenhaus "ein perfektes Beispiel" dafür, wie die israelische Armee vorgehe. "Gerade in der letzten Nacht, in den frühen Morgenstunden, haben wir 300 Liter Sprit gebracht, damit man die Generatoren dort betreiben kann", so Lerner. Die Hamas hingegen bedrohe die Verantwortlichen im Krankenhaus und verhindere das Hereinbringen von Gütern. Die Hamas weist diese Vorwürfe zurück. Die Islamisten beteuern, den Treibstoff abgelehnt zu haben und kritisieren zugleich, dass die Menge nicht einmal ausreiche, die Generatoren länger als dreißig Minuten zu betreiben.
Israels Armeesprecher spricht mit Blick auf zivile Opfer von "Riesenherausforderung"
Auch die Europäische Union verurteilte den Einsatz von Krankenhäusern und Zivilisten als Schutzschilde durch die Hamas. "Zivilisten muss erlaubt werden, das Kampfgebiet zu verlassen", heißt es in einer Erklärung des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell im Namen der EU von Sonntagabend. "In diesem Zusammenhang fordern wir Israel dringend auf, größtmögliche Zurückhaltung zu üben, um den Schutz der Zivilbevölkerung zu gewährleisten", heißt es weiter.

"Die zivilen Opfer in diesem Krieg sind eine reine Katastrophe", betonte Armeesprecher Lerner. "Die Zivilisten zahlen einen hohen Preis. Einen Preis, den die Hamas mit ihrer Entscheidung des Angriffs gegen uns, beschlossen hat (...). Wir haben keine Alternative. Wir müssen dieses Paradigma ändern." Laut dem Sprecher sei es daher "unverzichtbar", dass die Menschen das Krankenhaus evakuieren. Man versuche zu koordinieren, zu helfen und unterscheide zwischen nicht-kämpfenden Zivilisten und Soldaten. Es sei "eine Riesenherausforderung für jede Armee", erklärte der Sprecher und fügte hinzu, "aber wir wollen die Hamas besiegen und das bringt uns unserem Ziel einen Schritt näher."
Deutschland "steht fest an der Seite Israels". Wie sieht es im Rest der Welt aus?

Der irische Außenminister Micheál Martin (Foto) forderte einen humanitären Waffenstillstand und sagte, das Leid unschuldiger Zivilisten habe ein Ausmaß erreicht, das eine sofortige Einstellung der Kämpfe erfordere.
Seit dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober greift das israelische Militär massiv Ziele im Gazastreifen an, inzwischen sind auch Bodentruppen in das Palästinensergebiet eingedrungen. Nach Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden bis Sonntagabend 11.180 Menschen getötet. Etwa die Hälfte der 2,4 Millionen Bewohner ist innerhalb des schmalen Küstengebiets auf der Flucht.
Quellen: "ZDF heute-journal", mit Agenturmaterial von DPA und AFP