Italien Die Plünderung des Po

Sand ist äußerst gefragt in der italienischen Baubranche - und die Plünderung des längsten Strom Italiens ein blühendes Geschäft. Drei Staatsanwaltschaften ermitteln derzeit gegen die "Sand-Mafia". Die Komplizen sitzen in den Ämtern.

Mit der Mafia bringt man gewöhnlich Drogenhandel in Zusammenhang. In Norditalien hat sich indes eine Mafia um den illegalen Abbau von Sand im Fluss Po gebildet. Vor allem nachts kreuzen auf dem längsten Strom Italiens Baggerschiffe, die systematisch das Flussbett ausheben und irreparablen Schaden an der Natur anrichten. Drei Staatsanwaltschaften Oberitaliens ermitteln derzeit. Erst am Freitag vergangener Woche sind wieder acht Sanddiebe am hellichten Tag in Fellonica festgenommen worden.

Das Abtragen des Sands ist zwar seit 1992 verboten, wird aber allgemein toleriert und gedeiht in einem Sumpf aus illegalen Firmen und bestechlichen Behörden, wie der Präsident der Provinz Mantova, Maurizio Fontanelli, in der in Rom erscheinenden Tageszeitung "La Repubblica" beklagt. Der Sand ist äußerst gefragt in der Baubranche - die Plünderung des Po ein blühendes Geschäft mit einem geschätzten Jahresumsatz von bis zu 100 Millionen Euro. Nach Angaben der Umweltorganisation "Legambiente" kreuzen rund 40 Baggerschiffe auf dem Fluss, die bis zu 10 Millionen Kubikmeter Sand jährlich ausheben. Jedes Schiff kann bis zu fünf Ladungen in einer Nacht abtransportieren mit einem Verdienst von rund 20 000 Euro pro Schicht.

Anonymer Anruf brachte Stein ins Rollen

Ein anonymer Anruf bei Legambiente brachte den Stein ins Rollen. Der Kapitän eines Touristenboots sagte aus, er habe nachts oft auf dem Po mysteriöse Schiffe ohne jede Beleuchtung beobachtet. Ein Geologe beschwerte sich über den Höllenlärm der Baggerschiffe an der Riva di Suzzara, die tief in der Nacht mit einem großen Rüssel den Sand vom Boden absaugten und kilometerweit hörbar seien.

Die Staatsanwaltschaften von Mantova, Reggio Emilia und Rovigo ermitteln seit Monaten wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. In Mantova sind 19 Verdächtige festgenommen worden, darunter Chefs und Beschäftigte der illegalen Baggerfirmen und ihre Helfer in den verschiedenen Behörden wie die der Region Venetiens und der Wasserpolizei, die die Sanddiebe vor Kontrollen gewarnt haben soll. Die Komplizen in den Ämtern, so die Staatsanwaltschaft von Mantova, erhielten Schmiergelder in Höhe von monatlich 1500 bis 3500 Euro, dazu Geschenke wie Computer, Camcorder und Handys.