In Italien sind die zweitägigen Parlamentswahlen fortgesetzt worden. Mit Spannung wird erwartet, ob die zunächst schleppende Wahlbeteiligung bis zur Schließung der mehr als 61.000 Wahllokale um 15 Uhr noch zunimmt. Bis zum Sonntagabend waren nach Angaben des Innenministeriums in Rom etwa 62,5 Prozent der Italiener zu den Urnen gegangen. Das waren vier Prozentpunkte weniger als bei den Parlamentswahlen vor zwei Jahren.
Berlusconi oder Veltroni
Die rund 50 Millionen Wahlberechtigten, darunter auch zweieinhalb Millionen Auslandsitaliener, entscheiden darüber, ob der konservative Oppositionsführer Silvio Berlusconi wieder an die Macht kommt oder der Vorsitzende der Demokratischen Partei PD, Walter Veltroni, Regierungschef wird. Bei den Wahlen geht es um 630 Sitze in der Abgeordnetenkammer und 315 Sitze im Senat.
Beherrscht wurde die Wahl von der weit verbreiteten Unzufriedenheit mit den Politikern und der wirtschaftliche Stagnation. Die Neuwahl war nach dem Scheitern der bisherigen Mitte-links-Regierung unter Romano Prodi im Januar notwendig geworden. Sinnbild der Krise, in der sich Italien nach Ansicht politischer Beobachter befindet, war dabei das Müllchaos in Neapel, wo sich wochenlang der Abfall in den Straßen türmte.
Selbstbewusstsein hat gelitten
Aber auch der Versuch, die kriselnde nationale Fluglinie Alitalia zu verkaufen, oder der Skandal um verseuchten Büffel-Mozzarella kratzten am Selbstbewusstsein der Italiener. In Sorrent wurde laut einem Bericht der Nachrichtenagentur ANSA ein Geschäftsmann verwarnt, der aus Protest seinen Stimmzettel zerriss und begann, ihn aufzuessen.
Da Prodi nicht noch einmal antreten wollte, standen sich als Hauptkonkurrenten der 52-jährige ehemalige Bürgermeister von Rom, Walter Veltroni, und der konservative 71-jährige Medienunternehmer Silvio Berlusconi gegenüber, der zum dritten Mal in 14 Jahren Ministerpräsident werden will. Neu bestimmt wurden die Abgeordnetenkammer und der Senat. Außerdem wurden die Stadträte und Bürgermeister in mehreren hundert Städten und Gemeinden neu gewählt, darunter auch in Rom.
Beide Kandidaten mit neu gegründeten Parteien
Um ihre Wahlchancen zu verbessern, traten beide Kandidaten mit neu gegründeten Parteien an: Veltroni an der Spitze der Demokratischen Partei und Berlusconi mit dem Bündnis Volk der Freiheit, dem seine eigene Partei Forza Italia, die rechtsgerichtete Nationale Allianz und andere Parteien der Rechten angehören. Gewählt wurde nach einem reinen Verhältniswahlrecht. Gehört eine Partei einem der großen Bündnisse an, reichen bereits zwei Prozent der Stimmen für den Einzug ins Abgeordnetenhaus und drei Prozent für den Senat. Für sonstige Parteien gilt eine Vierprozenthürde für das Abgeordnetenhaus und eine Achtprozenthürde für den Senat.