Japan schaltet letzten Reaktor ab Atomnation ohne Atomstrom

Japan muss zum ersten Mal seit 42 Jahren vollständig ohne Kernergie auskommen. Der letzte Atomreaktor ist abgeschaltet worden - wenn auch nur zu Wartungszwecken.

In Japan geht an diesem Wochenende der letzte von 54 Atomreaktoren vom Netz. Der Betreiber des Reaktors 3 im AKW Tomari auf der nördlichsten Hauptinsel Hokkaido wollte zunächst langsam die Stromproduktion drosseln, bevor der Meiler in der Nacht zum Sonntag vollständig zu Wartungsarbeiten heruntergefahren wird, wie japanische Medien berichteten. Unterdessen gingen in Tokio am Samstag, einem nationalen Feiertag zu Ehren der Kinder, rund 5500 Menschen für eine atomfreie Gesellschaft auf die Straße, wie lokale Medien berichteten.

Die Atomreaktoren, die bis zum GAU im Atomkraftwerk Fukushima Daiichi rund 30 Prozent des Strombedarfs des Landes abdeckten, werden in Japan alle 13 Monate für eine Wartung heruntergefahren. Ans Netz kommen die Anlagen erst wieder, wenn die lokalen Regierungen zugestimmt haben. Seit der Atomkatastrophe in Fukushima ist dies jedoch wegen der beträchtlichen Sorgen der Bevölkerung über die Sicherheit der Atomkraftwerke nicht mehr geschehen.

Die Regierung hat sich - auch mit Blick auf die bevorstehenden schwülheißen Sommermonate, in denen die Klimaanlagen im ganzen Lande auf Hochtouren laufen - bislang vergeblich darum bemüht, zwei Reaktoren im AKW Oi in der Provinz Fukui nach kürzlich bestandenem Stresstest wieder hochzufahren. Die Betreiber haben als Ersatz für die Atomkraftwerke stillgelegte Thermalkraftwerke wieder angefahren.

Im Atomkraftwerk Fukushima Daiichi waren mehrere Reaktoren in Folge des Erdbebens und Tsunamis vom 11. März 2011 schwer beschädigt worden. Die Kühlung fiel aus und in den Reaktoren kam es zu Kernschmelzen; Radioaktivität gelangte in die Luft, den Boden und ins Meer. Zehntausende Menschen mussten vor der Verstrahlung fliehen.

Aus Sicherheitsgründen wurden alle Reaktoren bis auf den im Akw Tomari heruntergefahren. Mit dem Aussetzen der Atomkraft werden zugleich Engpässe in der Stromversorgung des Landes in den heißen Sommermonaten befürchtet.

DPA
be/DPA