Karlspreis für EZB-Chef Trichet Deutliche Töne bei der Dankesrede

Für seine Verdienste um die europäische Währungsunion hat Jean-Claude Trichet den Aachener Karlspreis erhalten. In seiner Dankesrede mahnte der EZB-Chef nun weitgehende Reformen an. Auch ein EU-Finanzministerium brachte er ins Spiel.

Der Chef der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, will unverbesserliche Schuldensünder in Europa zur Not mit einem EU-Veto ausbremsen - und bringt erstmals ein europäisches Finanzministerium ins Spiel. Für seine Verdienste um die Stabilität des Euro ist der Trichet am Donnerstag mit dem Karlspreis ausgezeichnet worden. In seiner Rede beim Festakt in Aachen plädierte er für ein strengeres Vorgehen gegen Defizitsünder in der EU.

Als eine Möglichkeit nannte Trichet ein Vetorecht europäischer Institutionen gegen wirtschaftspolitische Entscheidungen verschuldeter Staaten. In seiner Dankesrede forderte er auch schärfere Sanktionen für Schuldenstaaten. Notfalls sollten EU-Institutionen in die nationale Wirtschaftspolitik eingreifen können. "Wir brauchen jetzt einen Quantensprung", sagte Trichet.

So könne er sich ein Vetorecht der EU-Gremien gegen Haushaltsentscheidungen des betroffenen Landes vorstellen. "Ein solches Veto könnte beispielsweise wichtige Haushaltsentscheidungen betreffen oder grundlegende Entscheidungen, die für die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes ausschlaggebend sind", sagte der Notenbankchef.

Die Vorschläge gehen weit über das derzeitige System aus Überwachung, Empfehlungen und Sanktionen hinaus, das Trichet bereits mehrfach als unzureichend kritisiert hat. Gegen seine Ideen gibt es in den Staaten allerdings erhebliche politische Vorbehalte. Bei Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler stießen die Vorschläge auf Widerspruch. "Ich halte nichts davon, die nationale Kompetenz in Haushaltsfragen auf die europäische Ebene zu verlagern", sagte Rösler am Donnerstag.

EZB-Chef Trichet hält auch ein für die gesamte Euro-Zone zuständiges Finanzministerium für denkbar. Es könne die Haushaltspolitik der Staaten überwachen, den Finanzsektor integrieren und die EU in internationalen Gremien repräsentieren. "Es müsste nicht notwendigerweise ein Finanzministerium sein, das ein großes föderales Budget verwaltet, sondern ein Ministerium, das direkte Verantwortung in mindestens drei Bereichen hat", sagte der 68-Jährige, dessen Amtszeit im Herbst endet.

DPA · Reuters
cjf/AFP/DPA/Reuters

Mehr zum Thema