In Brasilien, mitten im Regenwald, berät die Welt über Lösungen gegen die Klimakrise. Wie läuft es und woran hakt es? Über den stern-Blog bleiben Sie auf dem Laufenden.
Der diesjährige Klimagipfel könnte symbolischer kaum sein: Vom 10. bis 21. November trommelt der Gastgeber Brasilien Delegierte aus knapp 200 Staaten mitten im Amazonas zusammen. Der tropische Regenwald gilt als eines der verletzlichsten Ökosysteme und damit als Spiegel von allem, was bei der globalen Klimapolitik gerade schiefläuft.
Seit dem Abkommen von Paris hat keine Klimakonferenz mehr Durchbrüche gebracht. Das 1,5-Grad-Ziel von damals gilt als gerissen und unerreichbar. Unterdessen steigen die Emissionen weiter und befeuern Umweltkatastrophen, wie Dürren, Hitzewellen, Starkregen und Überschwemmungen.
Politisch scheint ein Kipppunkt erreicht: Immer mehr Länder schrauben ihre klimapolitischen Ambitionen zurück oder wenden der internationalen Klimadiplomatie den Rücken. Prominentestes Beispiel: die USA. Kaum eine Region der Welt spiegelt diese Misere so deutlich wie der Amazonas Regenwald, der seinem Kipppunkt immer näher rückt.
Verfolgen Sie Debatten und Ergebnisse des UN-Klimagipfels in Brasilien im stern-Blog:
Wichtige Updates
Christine Leitner
Was bei der COP30 auf dem Spiel steht
Und damit starten wir auf die Zielgerade Richtung Abschlusserklärung der diesjährigen Klimakonferenz. Nach drei Jahren in fossilen Autokratien sind die Erwartungen groß, dass die Verhandlungen in einer Demokratie wieder in Schwung kommen. Die Atmosphäre in Belém gilt als konstruktiv, aber die Verhandlungsthemen sind schwierig. Ein Überblick, was auf der Agenda steht und wo die Fallstricke liegen:
Nationale Klimaschutzziele: Viele Länder hatten bis zum Gipfelbeginn keine neuen Pläne beim UN-Klimasekretariat eingereicht. Und die eingereichten Pläne reichen längst nicht aus, um die Erderwärmung wie in Paris vereinbart auf 1,5 Grad zu begrenzen. Die unzureichenden Pläne stehen ohnehin nicht auf der offiziellen Agenda – ignorieren können sie die Verhandler auf dem Weg Richtung Klimaneutralität aber auch nicht.
Abkehr von fossilen Ressourcen: Dieses Ziel wollte Brasilien dieses Jahr pushen und tatsächlich erhält es auch mehr Rückhalt. Deutschlands Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth versicherte, die Bundesrepublik werde "jede Entscheidung" für einen solchen Fahrplan unterstützen. Bremsen tun erwartungsgemäß eine Gruppe aus mehr als 20 ölreichen Staaten, vor allem Saudi-Arabien. Aber auch Schwellenländer wie China verweigern.
Klimafinanzierung: Die Entwicklungsländer fordern nicht nur die Zusage reichere Staaten von jährlich 300 Milliarden Dollar an Klimahilfen, sondern auch die anvisierte Mobilisierung von jährlich insgesamt 1,3 Billionen Dollar aus staatlichen und privaten Mitteln hinbekommen. Es gibt eine Indikatorenliste, um die Gelder zu verteilen. Entwicklungsländern fehlt es aber an Unterstützungszusagen zur Umsetzung. Traditionelle Industriestaaten reagieren verhalten – wegen Sparzwängen und weil die USA ausgestiegen ist. Außerdem wollen sie, dass wirtschaftsstarke Schwellenländer wie China und Saudi-Arabien endlich zur Kasse gebeten werden.
Grenzausgleichsmechanismus (CBAM): Die klimapolitische Handelsmaßnahme stammt aus der EU und bezeichnet eine Art CO2-Steuer auf Importe. Insbesondere China und Indien kritisieren diese als Protektionismus.
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Christine Leitner
„Besonders enttäuschend ist die gesunkene Platzierung von Deutschland bei der Klimapolitik, die nun als 'mäßig' eingestuft wird, die Unterkategorie nationale Klimapolitik wird von den Experten sogar als 'schlecht' bewertet.“
Klimaschutz-Index-Co-Autor Jan Burck von Germanwatch
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Christine Leitner
Deutschland fällt im internationalen Klimaschutz-Ranking zurück
Deutschland gibt sich beim Klimagipfel alle Mühe, als Vorbild dabei zu sein. Doch der aktuelle Klimaschutz-Index bescheinigt der Bundesrepublik nicht die größten Ambitionen. Im internationalen Vergleich fällt das Land um sechs Plätze zurück – auf Rang 22. "Gründe dafür sind die angekündigten Rückschritte in Teilen der Klimapolitik, der starke Fokus auf Gas und die Tatsache, dass in den Problemsektoren Verkehr und Gebäude noch immer Maßnahmen zur Emissionssenkung fehlen", erklärt Co-Autor Jan Burck von Germanwatch.
Der Index bewertet die Bemühungen von 63 Ländern und der EU, die zusammen für mehr als 90 Prozent aller klimaschädlichen Treibhausgasemissionen stehen. Der Report wurde von den Organisationen Germanwatch und Climate Action Network sowie dem NewClimate Institute erstellt und auf dem Weltklimagipfel im brasilianischen Belém präsentiert. In das Ranking flossen Treibhausgasemissionen (40 Prozent der Gesamtwertung) sowie erneuerbare Energien, Energieverbrauch und Klimapolitik ein (jeweils 20 Prozent). Am besten schneiden dem Index zufolge Dänemark, Großbritannien und Marokko ab. Die USA landen auf dem drittletzten Platz vor Saudi-Arabien und dem Iran.
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Christine Leitner
Zahlreiche Aktivisten demonstrieren immer wieder am Rande der COP30 in Belém.Igor Mota / Thenews2 / Actionpress
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Christine Leitner
Vergangene Woche erzwangen indigene Aktivisten ein Gespräch mit Andre Correa do Lago, Präsident der COP30.Fernando Llano / AP / DPA
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Christine Leitner
Als Reaktion auf die Proteste rund um den Klimagipfel hat die brasilianische Regierung zehn neue indigene Schutzgebiete ausgerufen. Diese würden sich über sieben Staaten erstrecken und Menschen von zahlreichen indigenen Gemeinschaften zugutekommen, heißt es in einer Erklärung. Die Bekanntgabe der Grenzen ist ein Zwischenschritt für die offizielle Anerkennung der Gebiete, die von Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva ratifiziert werden muss. Indigene Gebiete machen derzeit 13,8 Prozent des brasilianischen Territoriums aus. Wissenschaftlern zufolge trägt die Schaffung dieser Gebiete zum Erhalt der Umwelt bei.
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Christine Leitner
„Als Hüter der Schöpfung Gottes sind wir aufgerufen zu handeln.“
Papst Leo XIV.
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Christine Leitner
Auch wenn der Papst nicht bei der Klimakonferenz in Brasilien dabei ist: Die Verhandlungen hat er offenbar im Blick. In einer Videobotschaft an die Teilnehmer der COP30 appellierteder Pontifex, die Verhandler im brasilianischen Belém müssten zeigen, dass sie "unerschütterlich" hinter dem Pariser Klimaabkommen und der Klimazusammenarbeit stünden. Diese habe "zu echten Fortschritten geführt" und bleibe "das beste Mittel, um die Menschen und den Planeten zu schützen". Es sei "noch Zeit", einen dauerhaften Temperaturanstieg von mehr als 1,5 Grad zu verhindern – "aber das Fenster schließt sich".
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Christine Leitner
„Wir müssen uns von unserer Abhängigkeit von Kohle, Öl und Gas befreien“
Umweltminister Carsten Schneider
Brasiliens Vorschlag, in Belém einen Fahrplan für die Abkehr von fossilen Energieträgern zu beschließen, unterstützt Schneider ausdrücklich. Dies sei "das mutige Signal, das wir brauchen", sagt er. Mit Blick auf die Ausrichtung der COP im urwaldreichen Amazonas-Gebiet schloss Schneider seine Rede mit den portugiesischen Worten "Viva Amazonia" (Es lebe Amazonien).
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Christine Leitner
Deutschland gibt 60 Millionen Euro für Klimawandelanpassung
"Wir werden weiterhin insbesondere verletzliche Länder unterstützen", verspricht Umweltminister Schneider. Konkret wird Deutschland 60 Millionen Euro in den sogenannten Anpassungsfonds investieren. Der unter anderem dafür da, um Menschen in Küstengebieten besser vor Extremwetterereignissen wie Wirbelstürmen zu schützen. Deutschland stehe zu dem Beschluss der Weltklimakonferenz im vergangenen Jahr, dass die Entwicklungsländer bis 2035 jährlich 300 Milliarden Dollar (258 Milliarden Euro) für den Kampf gegen den Klimawandel und die Anpassung an seine Auswirkungen erhalten. 2024 seien allein aus dem Bundeshaushalt sechs Milliarden Euro dafür bereitgestellt worden, insgesamt seien fast zwölf Milliarden Euro aus Deutschland in die Klimafinanzierung geflossen.
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Christine Leitner
Während Politiker verhandeln, formiert sich drumherum wieder Proteste der Zivilgesellschaft. Die bunten Bilder wollen wir Ihnen nicht vorenthalten:
"Unsere Zukunft steht nicht zum Verkauf", steht auf diesem Schild von Aktivisten bei einer Demonstration in Belém.Bruno Peres / Agencia Brazil / DPA
Die Schlange war schon mehrmals bei den Protestmärschen in Belém zur COP30 dabei.Andre Penner / AP / DPA
Die Aktivisten, überwiegend Vertreter indigener Gruppen, fordern, dass große Emittenten für den Klimaschaden bezahlen.Bruno Peres / Agencia Brazil / DPA
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Christine Leitner
Beim diesjährigen Klimagipfel gibt es drei große Knackpunkte – Verringerung der Treibhausgas-Emissionen, Klimahilfen für ärmere Staaten und ein Streit um einseitige klimapolitische Handelsmaßnahmen. In einem Fall macht Umweltminister Carsten Schneider nun Hoffnung: Er glaubt, dass es "diese Woche Bewegung hin zu einem konkreten Fahrplan" für einen Ausstieg aus fossilen Energieträgern geben könnte. Man darf gespannt sein.
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Christine Leitner
UN-Klimasekretär Simon Stiell ist besorgt. Zu Beginn der entscheidenden Verhandlungswoche in Belém warnt er vor "taktischen Verzögerungen und Hinhaltetaktiken" bei zentralen Verhandlungsthemen. "Es liegt eine Menge Arbeit vor den Ministern und Verhandlern" und die Weltgemeinschaft könne es "sich absolut nicht leisten", Zeit zu verlieren, sagt Stiell und ruft die Verhandler auf, "die schwierigsten Themen schnell" zu bewältigen.
„Wenn diese Themen weit in die Verlängerung gehen, verlieren alle.“
UN-Klimasekretär Simon Stiell
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Christine Leitner
Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,
bisher liefen die Gespräche bei der COP30 im brasilianischen Belém gemächlich. Doch so langsam müssen die Delegierten die Ärmel hochkrempeln und sich den unangenehmen Themen stellen. Immerhin sind es (inklusive heute) noch vier Tage, bis ein Ergebnis stehen muss. Einen kleinen Erfolg gab es gestern, als Südkorea sich dazu verpflichtete, keine neuen Kohlekraftwerke zu bauen und seinen Bestand an Kohlemeilern schrittweise zu reduzieren. Demnach sollen bis 2040 zwei Drittel der 61 südkoreanischen Kohlekraftwerke vom Netz genommen werden. Das sind doch einmal gute Neuigkeiten – und es warten noch ein paar mehr.
Zwei Kinder spielen am Strand des Guamá Flusses mit Blick auf die Kreuzfahrtschiffe, auf denen diejenigen wohnen, die über die Zukunft des Planeten mitentscheiden.Carlos Fabal / AFP
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Christine Leitner
Umweltminister muss Merz' Kritik ausmerzen
Nach kritischen Äußerungen von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) über die brasilianische Gastgeberstadt der Weltklimakonferenz hat Umweltminister Carsten Schneider diese ausdrücklich gelobt.
„Am Wochenende hatte ich die Gelegenheit, mir ein erstes Bild von Belém, dieser großartigen Stadt, und der Umgebung, zu machen. Ich habe extrem viel Engagement gesehen, tolle Menschen, aber auch viel Armut.“
Umweltminister Carsten Schneider
Belém gehört zu den ärmsten Städten Brasiliens. Für die Klimakonferenz ist allerdings viel Geld in die Stadt geflossen, in verschiedenen Stadtvierteln ist vieles neu gebaut und renoviert werden. Trotzdem dominieren an vielen Stellen verfallene Häuser, kaputte Straßen und vermüllte Gewässer das Stadtbild.