Klimagipfel in Brüssel Merkel legt verbindlichen Beschluss vor

Am Ende ist's dann doch ein Kompromiss: Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft hat einen Beschluss zum verbindlichen Ausbau erneuerbarer Energien in Europa vorgelegt. Der Entwurf sieht ein bindendes Ziel von 20 Prozent erneuerbaren Energien bis 2020 vor - mit Ausnahmen.

Auf ihrem ersten Gipfel als EU-Ratspräsidentin hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel im Ringen um einen wirksamen Klimaschutz durchgesetzt. Gleichzeitig bekam sie von den Staats- und Regierungschefs der EU freie Hand für die Ausformulierung der "Berliner Erklärung", mit der die EU in zwei Wochen bei einem Sondergipfel in Berlin an ihre Gründung vor 50 Jahren erinnert.

Beschluss vorgelegt

Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft hat mittlerweile einen Beschluss zum verbindlichen Ausbau erneuerbarer Energien in Europa vorgelegt - einen Kompriss. Zwar solle der Anteil erneuerbarer Energien am Verbrauch bis 2020 auf 20 Prozent steigen, hieß es im Entwurf für die Schlusserklärung des EU-Gipfels in Brüssel. Doch müsse man flexibel sein, wie die Mitgliedsländer dieses Ziel erreichen. Dabei sollten die unterschiedlichen Ausgangsbedingungen der Staaten berücksichtigt werden. Derzeit liegt der Anteil an erneuerbaren Energien bei 6,5 Prozent. Der Beschlussentwurf sieht zudem ein Ziel für den Anteil von Biosprit im Verkehr von mindestens zehn Prozent ab dem Jahr 2020 vor.

Besonders Frankreich und die neuen EU-Mitgliedstaaten um Polen und Tschechien hatten sich zuvor gegen verbindliche Ziele gesperrt. Frankreichs Präsident Jacques Chirac drang darauf, neben einer Vorgabe für erneuerbare Energien auch die Atomenergie als klimafreundlich zu würdigen. Merkel bestand darauf, dass die Ziele für die erneuerbaren Energien und die Verringerung des Ausstoßes von Kohlendioxid (CO2) getrennt voneinander behandelt werden. "Kernenergie ist keine erneuerbare Energie."

Zwei bis drei Gegenstimmen

"Es gab nur zwei oder drei Länder, die gegen verbindliche Ziele waren", verlautete aus Teilnehmerkreisen. Tschechien und die Slowakei hätten erklärt, sie könnten unmöglich 20 Prozent erneuerbare Energien erreichen. Der EU-Gipfel solle in seinem Schlussdokument auf "legitime Sorgen" einzelner Länder eingehen, hieß es. Derzeit liegt der EU-weite Anteil erneuerbarer Energien lediglich bei 6,4 Prozent.

Merkel sicherte zu, dass die EU-Kommission bei der jetzt folgenden Ausarbeitung konkreter Umsetzungsvorschläge auf eine gerechte Lastenverteilung auf die einzelnen Länder achten werde. "Es hat eine breite Einigkeit zur Substanz unserer Vorschläge gegeben, darüber bin ich sehr glücklich", sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Es habe eine "sehr konstruktive Diskussion" gegeben.

Atomenergie - ein nationale Angelegenheit?

Zahlreiche Regierungschefs wiesen auf die sehr unterschiedlichen Ausgangslagen ihrer Länder hin. In manchen sei etwa die Gewinnung von Bioenergie erheblich schwieriger als in anderen. Die Festlegung der Energiequellen eines jeden Landes - etwa auch des Anteils an Atomenergie - müsse nationale Angelegenheit bleiben.

Der schwedische Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt fügte hinzu, dass die Verringerung des Kohlendioxid-Ausstoßes um 20 Prozent im geplanten Schlussdokument nicht mit Hilfe der Atomenergie erreicht werden solle. Auch die Frage der Lastenteilung sei angesprochen worden, hieß es in Delegationskreisen. Polen wünschte außerdem eine klare Aussage zur Solidarität bei Versorgungskrisen.

Der tschechische Regierungschef Mirek Topolanek pries den Atomstrom als umweltfreundliche Energiequelle für Europa an. In einem Brief an Barroso schrieb Topolanek: "Da der Preis der Kernenergie nicht vom Ölpreis abhängt und für die nahe Zukunft keine Uranknappheit abzusehen ist, trägt die Atomenergie außerdem wesentlich zur Versorgungssicherheit der Europäischen Union bei." Der sozialistische bulgarische Regierungschef Sergej Stanischew kündigte ein Festhalten an der Kernkraft an. "Das ist sehr viel umweltfreundlicher als die konventionelle thermische Energie", sagte er.

AP · DPA
DPA/AP