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Klimapolitik Klimaschutz könnte ein Menschenrecht werden. Dafür setzen sich Seniorinnen aus der Schweiz vor Gericht ein

Seniorinnen klagen am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
2017 verklagten die KlimaSeniorinnen die Schweiz wegen unzureichender Klimapolitik
© KlimaSeniorinnen
Rita Schirmer-Braun engagiert sich in der Schweiz für eine effektivere Klimapolitik. Zusammen mit ihren Mitstreiterinnen der Klima Seniorinnen hofft sie, dass ihre Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) etwas ändert.

Auf der politischen Agenda steht der Klimaschutz in der Schweiz ziemlich weit unten. Laut World Wildlife Fund (WWF) liegt das Land bei der Klimapolitik im internationalen Vergleich zwar auf Platz 15 von 61 Ländern. Einigen reicht das nicht. Etwa den Klima Seniorinnen, einem Verbund Tausender Frauen im Pensionsalter. Sie haben sich 2016 zusammengeschlossen, um die Regierung unter Druck zu setzen und klimapolitisches Handeln zu fördern. Sie fordern, dass die Klimapolitik der Schweiz überprüft wird und Klimaschutzmaßnahmen angepasst werden. Dafür hat der Verein schon mehrfach geklagt.

Jetzt sind sie vor der Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gezogen. Dort wird in diesem Jahr verhandelt, ob Klimaschutz ein Menschenrecht ist. Sollte das Gericht zugunsten der Aktivistinnen entscheiden, könnte das Konsequenzen für die Klimapolitik der Schweiz nach sich ziehen. Rita Schirmer-Braun ist Mitglied bei den Klima Seniorinnen und war bei der Anhörung vor dem EGMR dabei. Dem stern berichtet sie, wie es dort lief und warum sie sich für den Klimaschutz einsetzt.

Heute hat sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) erstmals mit der Frage beschäftigt, ob Klimaschutz ein Menschenrecht ist. Sie haben das mit angestoßen und waren bei der Anhörung dabei, Frau Schirmer-Braun. Wie war es für Sie?

Es war sehr spannend. Allerdings habe ich nicht so viel verstanden, weil die Anhörung auf Englisch und Französisch durchgeführt wurde. Trotzdem ist es ein großartiges Gefühl, dass in dem Rahmen über unser Anliegen gesprochen wurde. 17 Richter werden jetzt entscheiden. Wir als KlimaSeniorinnen haben lange auf so etwas hingearbeitet und wir freuen uns jetzt umso mehr, weil in der Schweiz dieser Rückhalt bisher gefehlt hat.

Warum?

Das Schweizer Bund war nicht bereit, sich mit unserem Begehren nach mehr Klimaschutz inhaltlich zu befassen. Das Bundesgericht bestätigte im Ergebnis diesen Entscheid. Es stellte zudem nebenbei fest, dass die Menschenrechte der Seniorinnen durch die derzeitige Klimapolitik der Schweiz nicht verletzt seien. Hinzu kommt: Bisher war die Schweiz kaum vom Klimawandel betroffen. Das ändert sich aber. Wir sehen immer stärker, dass die Gletscher schmelzen und unser Wasserreservoir kleiner wird. Wenn die Gletscher verschwinden, bleibt uns nur noch das Oberflächenwasser. Im Winter schneit es weniger, das ist auch schlecht für die Wasserreserven im Sommer.

Es ist nicht Ihre erste Klage?

Wir sind 2016 an den Bund gelangt und ersuchten um einen verstärkten Klimaschutz zum Schutz unserer Grundrechte auf Leben und Gesundheit. Wir stießen nicht auf Gehör, und auch das Bundesverwaltungsgericht sowie das Bundesgericht haben unsere Beschwerden abgewiesen. Deshalb sind wir mit unserer Klimaklage mit Unterstützung von Greenpeace an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte EGMR in Straßburg gelangt. Als Verein alleine hätten wir das nicht geschafft. Jetzt sind wir natürlich wahnsinnig gespannt.

Wie hoch schätzen sie jetzt ihre Erfolgschancen vor dem EMGR ein?

Das können wir gerade nicht sagen. Wir hoffen jedoch, dass wir mit unserem Fall Geschichte schreiben werden.

Wie wurde die Klage in der Schweiz aufgenommen?

In den vergangenen Wochen wurde viel über unsere Beschwerde berichtet. Gestern sind wir zudem mit 30 Medienschaffenden nach Straßburg gereist. Wir sind überwältigt von dem großen Interesse. Wir erhalten zudem viel Zuspruch von anderen Klimaaktivist:innen, die unser Engagement schätzen, früher war das Interesse an uns noch nicht so groß.

In Deutschland engagieren sich die Omas for Future für den Klimaschutz, aber dass sich Senioren so stark dafür einsetzen wie Sie ist selten. Warum tun Sie das?

Für mich sind Klima und Umwelt schon seit den 1970er Jahren ein Thema. Schon damals konnte man sehen, welche Folgen die Erderwärmung hat. Ich gehe gerne in die Berge, sehe dort die Wege, die immer wieder gesperrt werden, weil sie abrutschen. In den Alpen kann man den Klimawandel besonders gut beobachten.

Wie haben sich die Klima Seniorinnen gefunden?

Ich wurde von den Grünen in Bern auf die Gruppe aufmerksam gemacht. 2016 bei der Gründung waren wir zwölf Leute, dann haben wir entschieden, einen Verein zu gründen. Mittlerweile sind wir 2000 Klägerinnen und haben über 1100 Unterstützer und Unterstützerinnen. Darunter sind auch Männer und Menschen, die jünger sind als wir. Jetzt gibt es auch eine Klimajugend, das hat uns sehr gefreut, weil wir am Anfang nicht ernst genommen wurden. Aber ich denke, dass sich jetzt die Ohren für unsere Anliegen öffnen werden.

Wie geht es jetzt für Sie und die anderen Klima Seniorinnen weiter? 

Solange das Urteil noch aussteht, werden wir weitermachen. Das heißt: Vorträge halten und auf uns aufmerksam machen. Und dann müssen wir uns überlegen, wie wir den Verein weiter gestalten wollen. Wir wollen in der Schweiz weiter intervenieren, wenn es nötig ist.

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