Kommunalwahl in Großbritannien Denkzettel für Tony Blair

Die Labour-Partei unter Tony Blair musste bei den Kommunalwahlen schwere Verluste hinnehmen und geht auf "ihr schlimmstes Szenario zu". Der britische Premier kündigte bereits an, keine vierte Amtszeit anzustreben.

Der britische Premierminister Tony Blair gerät angesichts einer schweren Niederlage bei der englischen Kommunalwahl unter Druck, sein von Skandalen erschüttertes Kabinett umzubilden. Die Erwartung äußerte Labour-Unterhausführer Geoff Hoon in der Nacht zum Freitag bereits bei Bekanntwerden erster Ergebnisse der Abstimmung vom Donnerstag. Am frühen Freitag hatte Labour nach Auszählung von rund der Hälfte der zu vergebenden Mandate 211 Sitze verloren. Die Konservativen gewannen bei der ersten größeren Wahl unter ihrem neuen Vorsitzenden David Cameron 236 Abgeordnete hinzu. Die rechtsgerichtete British National Party gewann bei der Kommunalwahl am Donnerstag mindestens zwölf Sitze.

Baldige Kabinettsumbildung

Labour gewann demnach 888, die Tories kamen auf 1.361 der insgesamt 4.360 Sitze. Labour verlor die Mehrheit in 13 Kommunalparlamenten, die Konservativen gewannen acht hinzu. Insgesamt wurden 176 Gemeindeparlamente neu gewählt, das ist rund die Hälfte in England. Darunter war auch London mit Wahlen in allen 32 Stadtteilen. Von Blair gab es am frühen Freitag noch keine Stellungnahme zum Ausgang der Kommunalwahl vom Donnerstag. Die Wahllokale schlossen erst am späten Donnerstagabend um 23.00 Uhr.

Die Abstimmung wurde auch als Referendum über sein weiteres Verbleiben im Amt gewertet. Schatzkanzler Gordon Brown steht schon seit geraumer Zeit bereit, Blair abzulösen. Hoon sagte in der BBC: "Es wird eine größere (Kabinetts-) Umbildung geben, dessen bin ich sicher." Der stellvertretende Vorsitzende der Konservativen, Eric Prickles, sagte, die Tories hätten besser abgeschnitten als von allen vorhergesagt. "Die Labour-Partei geht auf ihr schlimmstes Szenario zu", fügte er hinzu.

Zu viele Skandale

In Blairs von Skandalen erschütterten Regierung geriet zuletzt vor allem Innenminister Charles Clarke unter Beschuss, weil seine Behörde es jahrelang versäumte, eine Abschiebung von ausländischen Kriminellen nach ihrer Haftentlassung zu prüfen. Blair und anderen Regierungsmitgliedern wird ferner vorgeworfen, sie hätten die Erhebung prominenter Briten in den Adelsstand und damit Ernennungen zum Oberhaus von Spenden für die Labour Party abhängig gemacht. Der Premierminister hat dies zurückgewiesen, doch hat Labour zugegeben, Kredite in Millionenhöhe von wohlhabenden Unterstützern erhalten zu haben.

AP · Reuters
AP/Reuters