Die von einer Bespitzelungs- und Korruptionsaffäre erschütterte tschechische Regierung von Ministerpräsident Petr Necas gerät immer stärker unter Druck. Necas' Kabinettschefin Jana Nagyova und zwei weitere Vertraute wurden am Samstag in Untersuchungshaft genommen. Staatspräsident Milos Zeman legte Necas indirekt den Rücktritt nahe: Die Vorwürfe seien "sehr schwerwiegend" und durch "ausreichende Beweise" gestützt, sagte er.
Bei einer spektakulären Razzia in der Nacht zum Donnerstag hatte die Polizei die enge Necas-Vertraute Nagyova, einen Exminister, sowie mehrere Generäle und Geheimdienstmitarbeiter festgenommen. Nagyova wird beschuldigt, politische Korruption in großem Stil organisiert zu haben. Sie soll zudem die Geheimdienste missbraucht haben, um Necas' Ehefrau Radka zu bespitzeln. Am Dienstag hatte Necas offiziell die Trennung von seiner Frau bekanntgegeben. Nach Polizeiangaben hatte Nagyova ihn dazu gedrängt. Über das Verhältnis der beiden wird in der tschechischen Presse seit langem spekuliert.
Präsident kann Necas nicht selbst abberufen
Necas hatte am Freitag einen Rücktritt abgelehnt. Präsident Zeman, politischer Widersacher des Regierungschefs, wandte sich am Samstag an die Öffentlichkeit. "Die Vorwürfe sind sehr schwerwiegend und ich komme zu dem Schluss, dass sie auf ausreichende Beweise gestützt sind. Das ist meine indirekte, aber hinreichend klare Antwort", sagte das Staatsoberhaupt auf einer im Fernsehen übertragenen Pressekonferenz.
Der Präsident kann den Regierungschef in Tschechien indes nicht selbst abberufen. Die oppositionellen Sozialdemokraten (CSSD) haben im Abgeordnetenhaus einen Misstrauensantrag eingereicht, der bereits am Dienstag zur Abstimmung kommen könnte. Ein Erfolg der linken Opposition gilt aber als wenig wahrscheinlich.
Misstrauensantrag gegen Necas
Im Parlament muss sich Necas vermutlich am Dienstag einem Misstrauensantrag stellen. Die Regierung um Necas' konservative Partei ODS steht auch wegen ihrer Sparpolitik in der Kritik. Seit ihrem Amtsantritt im Juli 2010 überlebte sie schon fünf Misstrauensanträge und drei Vertrauensabstimmungen. Diesmal stehen die Chancen indes besonders schlecht, weil sie seit 2012 keine Mehrheit mehr im Parlament hat.
400 Polizisten einer Sondereinheit für organisierte Kriminalität hatten in der Nacht zum Donnerstag unter anderem den Regierungssitz und das Verteidigungsministerium durchsucht. Neben Nagyova wurden der frühere Leiter des Militärgeheimdiensts, Ondrej Palenik, der Leiter des Regierungsbüros, Lubomir Poul, und die früheren ODS-Abgeordneten Petr Tluchor und Ivan Fuksa festgenommen. Zudem wurden große Mengen Geld und Gold beschlagnahmt. Die Polizei sprach von einer "organisierten Kriminellengruppe", die nach "überzogenem Gewinn" gestrebt und versucht habe, Einfluss auf Staatsorgane zu nehmen.