Kusai und Udai Hussein Die Hüter der tödlichsten Geheimnisse

"Die Schlange mit den drei Köpfen" hat zwei Köpfe verloren: Saddam Husseins Söhne Kusai und Udai wurden bei einer US-Razzia getötet. Der eine galt als Psychopath, der andere sollte das erben, was nicht mehr existiert.

Iraks Ex-Präsident Saddam Hussein hatte Kusai, seinen jüngeren Sohn aus erster Ehe, für seine Nachfolge auserkoren. Deshalb steht der 37-Jährige als Kreuz-Ass an zweiter Stelle auf der Liste der 55 meistgesuchten Iraker. Saddam, der seine Karriere selbst auf der Macht der Geheimdienste aufbaute, ließ auch seinen Sohn die Schule in den irakischen Unterdrückungsapparaten durchlaufen.

Herrscher über alle Geheimdienste

Kusai stieg zum Herrscher über alle Geheimdienste auf. Er war zudem Kommandeur der Eliteeinheiten Republikanische Garden, die den US-Truppen beim Kampf um Bagdad eine Schlacht auf Leben und Tod liefern sollten und dann plötzlich am 8. April wie im Nichts verschwanden. Weil Saddam in Sicherheitsfragen keinerlei Risiken einging, ernannte er Kusai auch zum Leiter einer Spezialtruppe, die nur für den Schutz des Präsidenten sowie dessen Familie zuständig war und die geheimen Quartiere vorbereitete. Im April 2001 stellte der Vater offiziell alle Weichen. Nicht der ältere, der gewalttätige Udai, sondern der jüngere Kusai wurde in die 18-köpfige Führungsspitze der Baath-Partei gewählt.

Bereits 1999 soll Kusai nach Medienberichten alle Vollmachten seines Vaters für den Ernstfall erhalten haben. Der ältere Bruder Udai wies dies zwar in seiner Zeitung "Babil" zurück, aber Beobachter hielten das Dementi nur für einen weiteren Beweis von Bruderzwist. Der datiert bis in die Kindheit zurück. Saddam soll sich, so berichteten Überläufer, weit mehr Zeit für Kusai als für Udai genommen haben. Anders als der ältere Bruder fiel Kusai auch nicht durch Eskapaden, die Jagd auf Mädchen, Alkohol-Exzesse und die Sammelleidenschaft von Statussymbolen wie Luxus-Limousinen auf.

Zerrüttetes Verhältnis

Das Verhältnis zwischen den beiden Brüdern soll nach Angaben eines Überläufers endgültig zerrüttet worden sein, nachdem Udai 1988 den Vorkoster seines Vaters erschlagen hatte. Kusai soll danach von Saddam den Auftrag bekommen haben, das Leben des älteren Bruders zu durchleuchten. Wie beauftragt teilte Kusai dem Vater alle "Schandtaten" des Bruders mit und sammelte damit weitere Pluspunkte.

Bei seinem Aufstieg profitierte Kusai zweifelsohne auch vom Attentat auf seinen Bruder vom Dezember 1996. Erst im Juli 1999 konnte Udai wieder ohne Krücken laufen. Da waren die Weichen aber schon zu Gunsten Kusais gestellt.

Ruf eines effizienten Beamten

Wie seine Geschwister musste auch Kusai eine vom Vater gewünschte Zweckehe eingehen. Er heiratete 1985 die Tochter von General Maher Abdul Raschid, der im Krieg gegen Iran als Kommandeur große Popularität bei den Irakern gewann. Anders als sein Bruder Udai galt Kusai als eher medienscheu. Er sprach fließend Englisch und hatte den Ruf eines effizienten Beamten.

Kusai wird zur Last gelegt, dass er 1991 einen Aufstand der Schiiten in Basra blutig niederschlagen ließ. Mit Vollmacht seines Vaters soll Kusai Opponenten jeder Art festnehmen, foltern und töten lassen haben. Der jüngere Sohn soll auch dafür verantwortlich gewesen sein, ab 1995 die im Irak vermuteten Massenvernichtungswaffen vor den UN-Inspekteuren zu verstecken.

Udai Hussein - der ausgemusterte Playboy-Sohn

In seiner Doktorarbeit sagte Udai einst den Fall der USA als Supermacht voraus. Stattdessen setzte ihn die US-Regierung nach dem Sturz des irakischen Regimes als Nummer 3 auf die Liste der 55 meistgesuchten Iraker. Das für den 39-Jährigen reservierte Herz-Ass könnte nicht besser die Vita des Präsidentensohn umschreiben: Udai galt als Playboy, in dessen Villa nach dem Fall Bagdads kistenweise Alkohol, Waffen sowie Luxusautos und Bilder halb nackter Frauen gefunden wurden. Wenig Schmeichelhaft beschrieb ihn auch der frühere Generalstabschef Nisar Charadschi nach der Flucht. Er nannte Udai dumm und einen Trinker, der von nichts genug bekommen könne, egal ob vom Reichtum oder der Erniedrigung anderer.

Udai wurde 1964 als ältestes der fünf Kinder Saddams geboren und war 15 Jahre alt, als der Vater die Macht übernahm. Er studierte an der Universität von Bagdad und fiel dort vor allem durch Exzesse und die Jagd auf junge Frauen auf.

Innerhalb des Präsidentenclans sorgte der älteste Sohn immer wieder für Familienfehden. 1988 erschlug er den Vorkoster seines Vaters. Im August 1995 schoss er dem Halbbruder Saddams, Watban Ibrahim, ins Bein. Sein Schwager Hussein Kamil soll sich kurz danach so bedroht gefühlt haben, dass er nach Jordanien flüchtete. Den Berichten zufolge heiratete Udai die minderjährige Tochter von Saddams Halbbruder Barsan nur, um sie sofort wieder zu verstoßen und den Onkel zu demütigen. Offiziell war Udai seit 1988 mit einer Tochter von Isset Ibrahim el Duri, Saddams Stellvertreter im Revolutionären Kommandorat, verheiratet.

Jähe Wendung

Nach dem Attentat vom Dezember 1996, das Udai schwer verletzt überlebte, nahm das Leben für den bis dahin designierten Nachfolger Saddams eine jähe Wendung. Möglicherweise auch wegen der Behinderung - Udai konnte erst im Sommer 1999 wieder ohne Krücken laufen - baute Saddam den zwei Jahre jüngeren Bruder Kusai als Nachfolger sowie Herrscher über die Sicherheitsapparate auf. Die Weichen zu Gunsten des Bruders waren gestellt, als Kusai 2001 in die Führung der Baath-Partei aufstieg.

Mit den paramilitärischen Fedajin-Saddam besaß Udai als Kommandeur eine eigene Machtbasis und Art Überlebensgarantie angesichts der vielen Feinde. Diese Milizen mit ihren schwarzen Gesichtsmasken und Kampfanzügen sorgten unter anderem mit der Enthauptung von Prostituierten für Angst und Schrecken.

Der Multi-Funktionär als Schmuggler

Udai war im totalitären Irak als Multi-Funktionär unter anderem Präsident des Olympischen Komitees, des Fußballverbandes sowie der Journalisten-Vereinigung. 2000 wurde er ins Parlament gewählt. Er besaß einen beliebten Jugendsender. Mit der einflussreichen Zeitung "Babil", die ihm gehörte, sorgte Udai für Aufstieg oder Fall mancher irakischer Spitzenpolitiker. Stimmen die Berichte, dann leitete Udai auch ein Schmuggelimperium während der Zeit der UN-Sanktionen und scheffelte so Millionen für sich und die Familienkasse.

DPA
Hans Dahne

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