Libanon Dutzende Tote bei schweren Kämpfen

Langsam erholt sich der Libanon von den Nachwirkungen des Kriegs vom vergangenen Sommer. Nun bricht im Land eine neue Front auf: Die Kämpfe zwischen der Armee und einer islamistischen Splittergruppe sind die schwersten seit 1990.

Bei den schwersten Gefechten zwischen der libanesischen Armee und radikalen Islamisten seit 17 Jahren sind 48 Menschen ums Leben gekommen, darunter mindestens 23 Soldaten. Die Armee geht in einem palästinensische Flüchtlingslager in Tripoli gegen Islamisten vor. Im Fokus: die Splittergruppe Fatah al Islam, der Kontakte zur syrischen Führung und zum Terrornetzwerk al Kaida nachgesagt werden.

Unter den Todesopfern ist offenbar auch ein islamischer Kämpfer, der im Zusammenhang mit den fehlgeschlagenen Kofferbombenanschlägen in Deutschland stehen soll, wie aus libanesischen Sicherheitskreisen zu hören war. Der Tote habe sich unter zehn Leichen befunden, die nach der Erstürmung eines Hauses entdeckt wurden. Bei dem Mann habe es sich um die Nummer vier der Organisation Fatah Islam gehandelt.

Bei einem Bombenanschlag am Sonntagabend ist eine Frau in einem der christlichen Viertel von Beirut gestorben. Nach Polizeiangaben war der Sprengsatz unter einem Auto auf einem Parkplatz in der Nähe eines Einkaufszentrums versteckt. Die Frau sei ums Leben gekommen, als durch die Detonation eine Wand in ihrer Wohnung einstürzte. Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Reuters wurden elf weitere Menschen verletzt, als der Sprengsatz in der Nähe einer Kirche in Aschrafije explodierte.

23 Soldaten und 19 Islamisten getötet

Bei den Kämpfen in dem Flüchtlingslager verloren nach Angaben aus Sicherheitskreisen 23 Soldaten und 19 mutmaßliche Fatah-al-Islam-Angehörige ihr Leben. Die Armee setzte bei den Gefechten am Eingang des Lagers Nahr al Band auch Panzer ein. Die Kämpfe brachen aus, als die Polizei unter den militanten Palästinensern nach Bankräubern suchte, die am Vortag bei einem Überfall 125.000 US-Dollar erbeutet hatten. Am Sonntagabend flauten die zunächst Gefechte ab, nahmen am Montagmorgen aber wieder zu.

Aus Armeekreisen hieß es, die Milizionäre hätten von Dächern am Rande des Lagers auf Soldaten geschossen. Mindestens vier Islamisten wurden festgenommen. Bewohner des Lagers riefen die libanesischen Behörden auf, Krankenwagen zu schicken, um den Dutzenden von Verwundeten zu helfen. Insgesamt wurden rund 100 Menschen verwundet, die Hälfte von ihnen libanesische Zivilisten und Bewohner des Lagers.

"Verschwörung" unter dem Deckmantel des Islam

Ministerpräsident Fuad Siniora sprach von einer "Verschwörung" unter dem Deckmantel des Islam. "Angriffe auf die libanesische Armee sind ein gefährlicher Versuch, die Sicherheit des Landes zu gefährden", sagte Siniora. Ein Sprecher von Fatah al Islam sagte: "Wir verteidigen uns und unsere sunnitischen Brüder, die in Tripoli leben, weil sie von der libanesischen Armee angegriffen wurden." Die Islamisten drohten mit einer Ausweitung des Konflikts auf das ganze Land.

Die libanesische Armee darf nach einem vor 38 Jahren vereinbarten Abkommen nicht in die Flüchtlingslager eindringen, da die Palästinenser dort selbst für die Sicherheit verantwortlich sind. In den Lagern kommt es sporadisch zu Kämpfen zwischen den verschiedenen palästinensischen Fraktionen.